Kurzgefasste und persönlich kommentierte Autobiographie
Ich bin 1957 in Triest geboren.
Man muss sofort sagen, dass es kein Triest gibt, sondern mindestens drei Städte in einer. Ich würde sogar einen neuen Namen in der Form der Mehrzahl für diese Stadt prägen und sie dann „Triesten“ nennen. Diese dreifache Stadt besteht aus dem italienischen Trieste, dem slowenischen Trst und dem deutschen Triest. Vorwiegend in den zwei letzterwähnten „Triesten“ bin ich aufgewachsen. Die Zahl der nationalen Identitäten dieser Stadt ist aber so immer noch unvollständig, weil es auch ein jüdisches, ein serbisches, ein griechisches, ein armenisches, ein türkisches, ein schweizer, ein englisches Triest zu nennen gäbe und mit dieser Aufzählung wären wir schon lange nicht zu Ende! Diese Nationalitäten, die aber-wohlgemerkt-alle aus gebürtigen Triestern bestehen, lebten und leben ganz schön voneinander getrennt. Es gab in den drei Hauptsprachen dieser Stadt eine wichtige Triester Literatur. Ich beschänke mich nur auf drei Namen von Schriftstellern bzw. Dichtern, die in diesen Sprachen, nämlich: Italienisch, Slowenisch, Deutsch, geschrieben haben: Hector Schmitz (bekannt durch seinen Künstlernamen: Italo Svevo), Srečko Kosovel und Theodor Däubler. Nicht weniger impostant wäre noch die Zahl der genialen Triester Maler, die in dieser habsburgischen Hafenstadt gelebt und gearbeitet haben. Ausschliesslich aus praktischen Gründen erwähne ich hier nur die Namen von Viktor von Thümmel (auch Vito Timmel genannt), Rudolf Kalvach, Avgust Černigoj. Nach fünfeinhalb Jahrhunderten österreichischer Angehörigkeit, kam nach dem ersten Weltkrieg in die ehemalige reichsunmittelbare Hafenstadt an der Adria eine italienische Regierung und sehr bald auch die neue faschistische Ordnung. Die Unterdrückung der Slowenen begann 1920 mit dem Terroranschlag seitens der italienischen Faschisten gegen das Haus der slowenischen Kultur "narodni dom" in Triest. Das vom einheimischen Architekten Max Fabiani entworfene "narodni dom" war zugleich ein Hotel, ein Konservatorium in slowenischer Sprache, eine slowenische Bibliothek und der Sitz vieler slowenischen Vereine. Aus dieser damals sehr modernen Struktur blieb nach diesem barbarischen Akt nur Schutt und Asche übrig. Kurz danach wurde auch die slowenische Sprache in Triest und im Karst und die kroatische Sprache in Istrien und in Dalmatien verboten. Die slawischen und deutschen Familien-und Ortsnamen in diesem großen Territorium wurden italianisiert. Für die Faschisten war die sprachliche Vielfalt dieses Territoriums ein Dorn im Auge: Alles musste italienisch werden! Dieser Terror blieb bis zum Ende des zweiten Weltkrieges. Dies war ein schneller Streifzug über die Welt von gestern. Eine Welt, die aber heute noch im Gewissen vieler Bürger dieser Stadt sehr präsent
ist. Bürger, die heute, wie gestern, auf der Suche nach ihrer nationalen Identität sind. Was ist nun aus dieser Vielfalt übriggeblieben, würde man sich fragen?
Das deutsche Triest ist heute, im Gegensatz zu der Zeit meiner Kindheit und Jugend, auf eine kleine aber feine Minderheit geschrumpft. Das slowenische Trst war bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts die größte slowenische Stadt überhaupt: Hier lebten die einheimischen Slowenen und diese sogenannte slowenische Minderheit war immerhin größer als die Mehrheit in der damaligen jugoslawischen Stadt Ljubljana! Die slowenische Sprache und Kultur sind heute noch eine prägende Komponente dieser Stadt.
Das feindselige auf Menschenverachtung orientierte Trieste, grundsätzlich gegen die als Untermenschen gesehenen einheimischen Slowenen, war u.a. der „kulturelle“ Hintergrund meiner Kindheit und früher Jugend, mit dem ich mich zwangsläufig konfrontieren musste als ich noch in dieser Stadt lebte. Demokratische Verhältnisse eines friedlich-nationalen Zusammenlebens sind dort aber immer noch nicht richtig eingetreten und der Weg, der zum menschlichen Respekt der kulturellen Unterschiede führt, ist noch sehr lang.
Meine Familie kommt teils aus Nordböhmen (Sudetenland), teils aus der ehemaligen k.u.k.-Adriaküste (heute Slowenien und Kroatien) und noch aus anderen Regionen der alt-österreichischen Monarchie. So gesehen, bin ich das Resultat einer normalen habsburgischen Mischung. Ich habe bis 1978 hauptsächlich in Triest und danach zwischen Jugoslawien, Österreich, Deutschland und Amsterdam gelebt und gearbeitet. Ich selbst bin ein deutscher Staatsbürger und meine Domizile befinden sich seit geraumer Zeit in Bayern und in Österreich (dies sei hier nebenbei gesagt, weil es in unserer Welt die Staatsangehörigkeiten sehr wichtig, dabei die Nationalitäten der Minderheiten irrelevant zu sein scheinen...!). Es leben in mir mehrere Nationalitäten bzw. Sprachen. Am Besten würde ich mich selber als übernational bezeichnen auch wenn dieses Gefühl in unserer Zeit nicht gerne gesehen wird.
Als Komponist bin ich Autodidakt. Angefangen habe ich schon mit zehn Jahren zu komponieren, ganz alleine, ohne Musiklehrer aber mit einem Vater, der ein Maler und auch ein großer Fan der damals neu erfundenen elektronischen und konkreten Musik war! Ich schrieb allein zwischen 1970 und 1973 Hunderte von Kompositionen, darunter auch 3 Opern. Dann studierte ich Hauptfach Klavier und Theorie der Komposition an der Triestiner Musikhochschule, wo ich kurz nach meinem Studiumsabschluss 1979 zuerst eine Professor für Hauptfach Klavier bekam. Später wechselte ich im Jahr 2008 mein Unterrichtsfach und bin seit 21 Jahren Professor für Komposition.
Als Liedbegleiter war ich schon mit 18 Jahren Klavierassistent von Elisabeth Schwarzkopf und begleitete am Klavier wunderbare Sänger wie Alfredo Kraus, Peter Munteanu, Barbara Hannigan u.v.a. Das deutsche Lied und die Arbeit mit diesen Sängern bzw. Liedersängern war für mich eine prägende Erfahrung.
1977, mit 20 Jahren besuchte ich einen Meisterkurs für Komposition von Witold Lutoslawski in Jugoslawien. Meine nächsten Meisterkurs-Dozenten waren Klaus Huber und Yannis Xenakis. Die ersten Schritte in die Öffentlichkeit als Komponist machte ich Dank einer freundschaftlichen Vermittlung des slowenisch-triestiner Komponisten Pavle Merkù in Ljubljana. In den frühen Achtzigerjahren folgten mehrere Einladungen und Kompositionsaufträge seitens des Musikprotokolls in Graz. Das Musikprotokoll stellte 1983 mein Debüt als Komponist in Österreich dar: Ich wurde damals als Komponist, Dirigent, Pianist und Gründer des Florestan-Eusebius-Ensembles eigeladen. 1986 komponierte ich noch für diese Grazer Institution mein Werk „Kresnik“, ein langes Stück mit theatralischen Elementen für einen Mimen, 24 Stimmen, Klavier, Fernstimmen und Perkussion. Ein Jahr danach spielte Heinrich Schiff mit seinem Cello-Ensemble meine als Hommage an Emil Breisach komponierte Elegie mit dem Titel: „Adern“. Zur Pensionierung Emil Breisachs, u.a. Gründer des Grazer Musikprotokolls, wurden seine engsten Freunde eingeladen ein Stück für ihn zu schreiben. Neben meiner schon erwähnten Elegie, wurden Hommage-Kompositionen von Erst Krenek, Vinko Globokar, Marek Kopelent, Wolfgang Rihm, Robert Moran, Lorenzo Ferrero in diesem Konzert uraufgeführt. Eine ORF-Dokumentationsplatte erinnert an diese legendäre Veranstaltung.
1980-82-84 wurden meine Partituren von der Gaudeamus Muziekweek Jury in Holland selektiert und dort auch zur Uraufführung gebracht. Mein enger Kontakt zu Holland und seinen Musikern führte später u.a. zu einer Professur für Komposition an der Amsterdamer Musikhochschule „Sweelinck CvA“, die ich 9 Jahre lang inne hatte. Ich schrieb 17 Werke für das Amsterdamer Nieuw Ensemble, das ich auch selbst dirigierte, und ausserdem viele andere Kompositionen für die holländischen Ives Ensemble, Nederlands Blazers Ensemble, Atlas Ensemble u.v.a.
1985 wurde meine Konzertarie für Sopran und Orchester „Das Glänzen der Natur“ im Gran Teatro La Fenice in Venedig im Rahmen der Biennale di Venezia uraufgeführt und dies war auch mein Debüt in Italien. Das Programm der damaligen Biennale stellte eine Konfrontation zwischen den Komponistengenerationen von Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen, György Ligeti usw. einerseits und der meinen andererseits dar.
1997 lernte ich am Salzburger Mozarteum Luciano Berio kennen, der mir bis zu seinem Tod viele Kompositionsaufträge erteilte, darunter einen Kompositionsauftrag für die Eröffnung des großen Renzo-Piano-Auditoriums in Rom durch das Dirigat von Myung-Whun Chung. Die Begegnung mit Berio wurde zu einer der wichtigsten meines Lebens und die Zeit, die ich während dieser 6 Jahre mit ihm verbrachte, bleibt für mich unvergesslich. Ich möchte hier aber auch andere Namen von Menschen nennen, denen ich nahestand und die in meinem Leben sehr viel bedeutet haben. Ausser dem schon erwähnten Luciano Berio, sind sie: Der slowenisch-triester Komponist, Linguist und Ethnomusikwissenschaftler Pavle Merkù, der görzer Wahrnehmungspsychologe und Bratschist Paolo Bozzi (Boz), der holländische Komponist und Promoter Joël Bons, der österreichische Dichter und Intendant Emil Breisach, der griechisch-venezianer Musikkritiker und Intendant Mario Messinis, die mailänderin Verlegerin und Festivalleiterin Luciana Abbado-Pestalozza. Alle diese Menschen haben meinen Werdegang als Komponist entscheidend geprägt. Als Gastdozent für Komposition unterrichtete ich am Mozarteum in Salzburg, an der Musikuniversität Graz, an der Scuola Civica di Milano, bei „Acanthes“ in Metz, bei den «Bartók Seminar und Festival» in Szombathely, Ungarn, bei der "Fondazione Spinola-Banna per l´arte", Poirino, Italien, bei der "Klassenarbeit" vom Ensemble Recherche in Freiburg i. B., an den Musikakademien in Ljubljana, Riga, Tallin u.v.a.
Ich komponierte für bedeutende Ensembles, Orchester und Musiker wie z.B.: Collegium Novum, Klangforum Wien, oenm, Ensemble Recherche, Musikfabrik, Ensemble Mosaik, Musica Nova Leipzig, Orchestra Nazionale della RAI (Italien), Orchestra nazionale di S. Cecilia in Rom, das MKO-Münchener Kammerorchester, WDR, SWR, SR und ausserdem für Solisten wie: Heinrich Schiff, Neue Vocalsolisten Stuttgart, Calefax, Barbara Hannigan, Sarah Maria Sun, Steffen Schleiermacher, Marino Formenti, Teodoro Anzellotti, Eduard Brunner, Ed Spanjaard, Emilio Pomarico, Myung-Whun Chung, Antonio Pappano, Johannes Kalitzke, Rupert Huber, Arturo Tamayo, Tito Ceccherini, Jonathan Stockhammer u.v.a.
Meine Werke werden bei verschiedenen Festivals, Theatern und Konzerthäusern aufgeführt, darunter die Berliner Festwochen, Wittener Tage für neue Kammermusik, Musik der Jahrhunderte (Stuttgart), Musik im 21.Jahrhundert (Saarbrücken), Eclat (Stuttgart), Wien Modern, Musikprotokoll (Graz), Osterfestspiele Salzburg, Holland Festival , Output-Festival (Amsterdam), Huddersfield Festival (UK), La Biennale di Venezia, Milano Musica, Nuova Consonanza (Rom), Transart, Bozen, Festival Présences (Paris), Berliner Philharmonie, Gewandhaus (Leipzig), Theaterhaus (Stuttgart), Tonhalle und Tonhalle Maag (Zürich), Wiener Konzerthaus, Concertgebouw (Amsterdam), Muziekgebouw aan 't IJ (Amsterdam), Teatro alla Scala (Mailand), Teatro La Fenice (Venedig) etc. Im Jahr 2013 wurde mir in Rom der "Feltrinelli Preis dell´Accademia dei Lincei" für mein Lebenswerk verliehen. Dieser Preis ist der wichtigste in Italien und einer der meistdotierten auf der ganzen Welt (65.000 Eur). Meine Musik bekam viele Kompositionspreise und ist bei den Verlagen Neue Musik Berlin, Ricordi Mailand, Universal Edition Wien u.a. veröffentlicht.
Ich habe 2001 angefangen ein abendfüllendes Werk für die Bühne nach der hinstorischen Gestalt des triester Malers Viktor von Thümmel zu komponieren. Claudio Magris schrieb für mich ein Libretto, das ich größtenteils auch verwendet habe. 18 Jahre lang habe ich daran gearbeitet und 2019 die letzte Szene und damit das ganze Werk beendet. Sein Titel lautet: "Thümmel oder die Verlöschung des Wortes". nächtliches Musik-Theater in vier Akten. Tatsächlich, wie auch der Titel meines Werkes darauf hindeutet, wünschte sich der Maler von Thümmel am Ende seines Lebens alle Worte dieser Welt zu vergessen. Wenn er, so sagte einmal Thümmel, sogar die Namen seiner Mutter und seiner Schwestern vergessen hätte, wäre er im Paradies! In der Irrenanstalt von Triest, wo er infolge eines unkontrollierten Alkoholismus in den letzten Jahren eingesperrt wurde und 1949 starb, konnte er immer noch seine Träume malen und zeichnen. Sprechen konnte er aber nicht mehr. Sein Freund war der griechisch-triester Maler Cesare Sofianopulo (oder Sophianopulos): Er war die einzige Person, die Thümmel in seiner Isolation besuchte. Er ist in meinem Stück auch präsent und spielt die Rolle des Alter Ego von Thümmel. Ich habe in meinem Werk versucht in vielerlei Formen das Bild dieses wortlosen Paradieses musikalisch zu realisieren und es theatralisch zu gestalten. Die Worte und die Sprachen verschwinden hier des öfteren zugunsten einer rein instrumental oder elektronischen Musik. In diesem Sinne fällt es schwer meine theatralische Komposition mit einer Oper zu vergleichen. Der Bariton Thümmel ist sogar die Negation einer Operfigur, während sein Alter Ego Cesare Sophianopulos die Gestalt eines Heldentenors in Rende heraufbeschwört und somit das opernhafte Singen bis hin ins Karikaturale rückt! Die einzelnen Szenen meines "Thümmel" sind in meinem Ricordi-Katalog wieder zu finden und auch getrennt aufführbar. Aufnahmen davon sind auf dieser Web-Seite auch zu hören. Eine vollständige Inszenierung dieser Nicht-Oper wartet aber noch auf ihr Debüt! Die szenische Realisierung dieses Werkes bietet viele und unterschiedliche Möglichkeiten der Aufführumsörtlichkeit: Von einem traditionellen Opernhaus bis hin zu einer Open-Air-Bühne. Auch die Zeitspanne in der dieses Musik-Theater realisiert werden kann, ist völlig neu zu erfinden und kann sehr unterschiedlich: Von der üblichen abendlichen Aufführung einer Oper bis hin zu einer nächtlichen Veranstaltung, die sich mit dem Sonnenaufgang schliesst. Wenn eine Intendantin oder ein Intendant Interesse für die szenische Uraufführung meines "Thümmel" hätte, könnte sie/er mich einfach kontaktieren: Ich könnte ihr/ihm noch viele Zeichnungen zeigen, die ich zu diesem Projekt realisiert habe. Auch ein Exposé dieses Werkes ist auf meiner Web-Seite zu lesen.
Und nun zum Schluss möchte ich hier für die Leser dieser Zeilen meinen Wunsch äussern:
Ich wünsche mir als Mensch und natürlich als Komponist eine aufgeklärte auf Menschenliebe orientierte Welt, ohne Vorurteile und Gemeinplätze, da ich den bitteren Geschmack der Menschenverachtung von der unmittelbaren Nähe in meiner Geburtstadt habe kosten müssen. Eine Welt, die sich von der gegenwärtigen stumpfen Massentourismus-„Kultur“ zu einer durch authentische Menschen-und Kulturkenntnisse geprägten Gesellschaft entwickeln kann. Und ich wünsche mir eine Musikwelt frei von Ideologien, aufgeschlossen für das Andere und das Neue, für die Freiheit und das Unbekannte. Ich habe selbst als Komponist keine listigen Strategien und keinen festen Plan für die Zukunft. Ich lasse mich vielmehr von unbekannten neuen Visionen selbst mitkomponieren!
"Thümmel oder die Verlöschung des Wortes"
Nächtliches Theater in 3 (oder 4 Teilen)
6 Vokalsolisten, Koloratursopran, Heldentenor am Ende seiner Karriere (in Rente), Bariton, der Theaterintendant (Sprechrolle), Chor, Orchester im Orchestergraben, Solisten auf der Bühne: Klavier, 3 Akkordeons, Schlagzeug, Harfe, Pikkolo, Klarinette, Streichquartett. Elektronische Musik.
EXPOSÉ:
"Vorspiel im Foyer", 3 stumme Totengräber. Kein Text.
Das Publikum betritt den Ort der Vorstellung. Ein Teil der Leute steht wie üblich in der Schlange an der Abendklasse.
Drei schmutzige Typen (Die 3 Totengräber) lassen sich schon im Foyer blicken. Sie können kaum noch stehen, weil sie völlig besoffen sind. Sie tragen einen Hut. Auch sie warten in der Schlange. Sie müssen selbst die Karten kaufen, um ins Theater reingehen zu dürfen (...alles muss man bezahlen im Leben!). Als alle Leute ihren Platz im Theater gefunden haben, dann folgt:
"Der Chor der Stühle im Zuschauerraum", für gemischten Chor a cappella, Stühle, 3 Tam Tams, Text von Claudio Magris, auf Deutsch und Triestinisch.
Dunkel im ganzen Theater. Auch die Sängerinnen und Sänger sitzen unbemerkt im Publikum (darunter auch die 3 Totengräber) und fangen an in der totalen Dunkelheit zuerst zu summen und danach zu singen. Nicht Menschen sind es, die diese Worte singen, sondern die Stühle selbst. Die Worte, die sie auf Deutsch und Triestinisch singen, teilen uns mit, dass sie den Schmerz nicht fühlen, weil sie eben Stühle sind!
Die Geräusche von Stühlen, die des öfteren aufeinander prallen, begleiten diesen Gesang und geben permanent diesem Vorspiel doch den schmerzlichen Ton.
Musikalisch gesehen ist diese Szene ein Prozess von der anfänglichen Nüchternheit bis zur totalen Betrunkenheit...! Mehr und mehr verlieren die Sängerinnen und Sänger ihre Kontrolle auf ein "schönes" Singen und geraten ins ordinäre Gassenhauer-Gekreisch. Auch die Wahl der Sprachen unterliegt diesem Prozess: "Im Anfang war die deutsche Sprache...", könnte man sagen. Im apokalyptischen Chaos am Schluss dieser Szene aber bleiben nur die vulgären Laute eines triestinischen Nonsense-Dialektes. Je schneller das Tempo wird, desto leiser singt der Chor. Das Singen geht schliesslich ins Kichern hinüber.
Der "Chor der Stühle" endet mit einem riesigen Gähnen aller Stimmen: Die Stühle des Theaters werden ab jetzt nicht mehr hörbar sein, sie ruhen im ewigen Schlaf der Objekte.
Gegen Ende des Stuhlchores stehen die 3 Totengräber auf. Sie sind selbstverständlich stockbesoffen und jodeln schräg und mit unsicherer Intonation "die Mitteilung" mit den Originalworten des Triester Malers Viktor von Thümmel: "Woaßt, I hob a Sehnsucht will die Worte vergessen von dieser Scheißwelt. Wenn I aa no die Namen vergessen hob von der Mutter und von den Schwestern, donn bin I im Paradies". danach folgt:
"Locanda Paradiso", für 3 männliche Jodelsänger, Klavier, Harfe, Akkordeon, 3 Streicher, Perkussion, Text von Fabio Nieder.
Nachdem die Totengräber das Wort "Paradies" gesungen haben, erscheint vorne recht über der Bühne das schwebende "Paradiesorchester".
Ein magisches Licht umgibt diese Vision. Ein Schild informiert uns über die "Funktion" dieses Orchesters: Man liest die Worte: "LOCANDA PARADISO, VERPFLEGUNGEN UND TANZ IM FREIEN. PONZIANA NR. 541" (das war übrigens die genaue Adresse der Thümmels Stammkneipe in Triest).
Die Totengräber besteigen die himmlisch-schwebende Plattform, wo die Musiker des Paradiesorchesters sitzen. Sie heben ihre Hüte ab und jodeln wie betrunkene Engel im Paradies die Worte: "Sancta Lucia, lichtspendende Gnade!" (Fabio Nieder).
Danach versinken sie wieder im Halbdunkel des Zuschauerraumes. Es folgt:
"Caminata sogno, 21 màrtedi agosto 1945", für Klavier, Akkordeon, Schlagzeug, Streichorchester und 6 unsichtbare Vokalsolisten. Text von Fabio Nieder.
Aus der Ferne hört man regelmäßige Schritte. Eine Männerstimme zählt sie leise: "1,2,3,4...". Man verfolgt akustisch die Schrittgeräusche eines wandelnden Mannes , die aus allen Richtungen herkommen.
Die Streicher des Orchesters im Orchestergraben spielen nun zusammen mit dem Klavier, Akkordeon und dem Perkussionisten des über der Bühne schwebenden Paradiesorchesters. Die Totengräber schauen das Spielen im Orchestergraben skeptisch an... (der Orchestergraben ist bekanntlich ihr Territorium..!).
Plötzlich erscheint auf der Bühne der weißgekleidete Thümmel mit schwarzem Hut als Wanderer. Das Bühnenbild um ihn herum zeigt krumme Wege, Kanäle mit Wasser, Treppen mit vielen Stufen (alles schaut genauso aus wie in den Originalzeichnungen von Viktor von Thümmel, auch Vito Timmel genannt, aus der Irrenanstalt in Triest). Der Thümmel als Wanderer geht durch diese krummen Wege. Er geht unaufhörlich die Treppen auf und nieder. Die Ausdruckszüge seines beleuchteten Gesichtes stimmen mit der Musik überein. Auch die Laute einer Maultrommel scheinen die Artikulationen seines Mundes zu interpretieren. Er zählt die Stufen, lacht, singt ein Singsang wie ein Kind, atmet schwer. Seine ganze Körpersprache wird zum musikalischen Geschehen. Am Ende verliert er seinen rechten Schuh. Selbstüberrascht über diesen Verlust schreit er dem Schuh das Wort zu: "DU!". Wie in einem Wunder fängt der Schuh an zu singen! Thümmel bleibt indifferent für einige Sekunden stehen, dann entfernt er sich, bis er unsichtbar wird. Das Licht im "Paradiesorchester" wird ausgeblendet. Das Singen des Schuhs wird immer lauter. Man sieht nur noch die Totengräber am Rande des Orchestergrabens.
"EGO SUM VITA", Text aus dem liturgischen Kyrie, für 6 Vokalsolisten, Chor und drei Akkordeons.
Der von Thümmel verlorene Schuh ist jetzt der absolute Protagonist. Nicht nur als Klangquelle ist er der zentrale Punkt unserer Aufmerksamkeit: Aus ihm entlarvt sich auch das neue darauffolgende Bild. Das ist ein kitschiges und pseudo-barockes Bild, das hier im Hintergrund erscheint. Man sieht hier wie sich dieses große Fresko völlig aus dem verlorenen Schuh allmählich herausbildet. Übrigens schaut dieses Bild genauso aus wie das Originalbild des Triester Malers Cesare Sofianopulo, mit dem Titel: "Ego Sum Vita". Zu sehen ist hier der Gekreuzigte, neben ihm ein Engel und der Bischof als Knochenmann. Man erkennt in den Zügen des Gesichtes Christi das Gesicht des Sofianopulo selbst. Die unsichtbaren Stimmen singen die Worte des Kyries und am Schluss: "EGO SUM VITA!". Man wähnst sich in einer Bach-Passion... Der Schein aber trügt..! Es folgt nahtlos:
"Der Bildersetzer", für Heldentenor in Rente und Orchester. Texte von Baudelaire, Goethe, Cesare Sofianopulo, Fabio Nieder.
Nachdem das kitschige Cesare Sofianopulo-Kreuzigungsoriginalbild seinen Höhepunkt in der Lautstärke bzw. Lichtintensität erreicht hat,
wird es allmählich ausgeblendet. Der Gekreuzigte verwandelt sich überraschenderweise in die Gestalt des Cesare Sophianopulos. Er ist Thümmels Alter Ego. Historisch gesehen war er ein Triester griechischer Nationalität: Maler, Dichter und Übersetzer des Baudelaire ins Italienische. In der Realität war er ein Kosmopolit, ein Frauenheld und selbstverständlich selbstverliebt! In meinem Theaterstück singt er wie ein Siegfried am Ende seiner Karriere. Seine Stimme und sein Vibrato sind dürftig und prekär. Das Orchester im Orchestergraben fängt an zu spielen. Diese Szene ist hier die einzige Opernszene des ganzen Werkes. Sie wirkt schräg, übertrieben und fehl am Platz gerade in einem Ort, wo das Opernhafte im Singen und in der Darstellung keinen Platz mehr finden kann. Um so mehr wirkt sie hier intensiv herausragend. Gehen wir aber jetzt zu unserem Geschehen zurück! Das Thümmels Alter Ego Sophianopulos erscheint zuerst als Dandy verkleidet: Frack, Zylinderhut, Wanderstock in der Hand: Seine Attribute! Er singt jetzt näselnd und elegant auf Französisch die Originalworte von Baudelaire.
Es folgen dann 5 andere Verkleidungen: Sophianopulos erscheint weiterhin als Clown und singt zuerst auf Italienisch seinen eigenen Text, dann abermals tritt er als Teufel mit den deutschen Worten des Mephistopheles aus dem Goethes Faust auf. Als Mönch trägt er noch den liturgischen Requiem-Text blasphemisch vor und als altgriechischer Dichter singt er auf Altgriechisch seinen eigenen Namen, während er sich vehement von seiner aktuellen Verkleidung befreit.
Jetzt zeigt er endlich seine wahre Identität. Er brüllt seinen Namen: "Egò eimì: Caesar Sophianos!". Und er schaut nun genauso aus, wie er am Anfang uns erschienen war: Er trägt seinen schmutzigen Frack, den Zylinder und in der Hand hält er seinen Wanderstock. Sein Verhalten verrät Stolz und Megalomanie. In seinem Blick spürt man den gebieterischen Blitz der Mussolini-Augen. Er schlägt mit einem Hammer das Instrument der orthodoxen Kirchen namens "Semanterion" an. Sophianopulos will vielleicht dadurch sein ALTER EGO (Thümmel) anrufen. Thümmel kommt aber nicht. Laut aus einem alten Grammophon krächzend hört man die O-Ton-Aufnahme des Wagners Siegfried. Als er diese Musik hört, glaubt er selbst der Held Siegfried zu sein! Abrupt kehrt aber in diese Szene unerwartet eine unheimliche Stille ein. Man hört nur aus weiter Ferne die leise Stimme einer Bassklarinette, des Instrumenten, das von nun an den "Leitklang" von Thümmel übernehmen wird. Erstarrung. Sophianopulos fragt unbeholfen die Leute im Publikum, ob es im Saal vielleicht jemanden gibt, der den Thümmel kennt. "Ja!" , antwortet plötzlich ein Zuschauer aus dem Zuschauerraum, "den Maler?" , "Meinen Knecht! ", kommentiert belehrend Sophianopulos.
Aus diesen Worten entpuppt sich die Beziehung zwischen Thümmel und Sophianopulos als ein Faust-Mephistopheles-Verhältnis: Thümmel ist wirklich ein Faust, der die ganze Welt umfassen will. Er weiß aber nichts davon, weil er sich in einem Prozess befindet, wo er gerade dabei ist, alle Worte dieser Welt zu vergessen. Sophianopulos glaubt dagegen fest daran, einen echten Mephistopheles zu sein. Er ist es aber nicht! Dies ist hier nur eine harmlose und peinliche Verkleidung: In Wahrheit ist er nur ein armer Teufel!
Es folgt ein griechischer Totentanz des Sophianopulos mit seinem Semanterion in der Hand. Er trägt jetzt die Maske des Totenkopfes und tanzt Spiralen und Menuetten mit griechischer Grazie. So würde er gerne sein: Ein unwiderstehlicher Tänzer! Sein Tanz ist aber unbeholfen und plump. Das Orchester spielt im Orchestergraben eine düstere Musik voller dunklen Gewalt. Mit seinem spiralförmigen Tanz verschwindet dann der Sophianopulos allmählich ins Nichts. Seine Erscheinung, ja seine ganze Opernszene war nur ein Spuk, entsetzlich und gruselig!
Während dieser Szene fingen die zynischen Totengräber an, den Orchestergraben mit Erde zu bedecken. Aus diesem Grund spielen die Orchestermusiker im Laufe der Zeit in immer kleineren Besetzungen, bis sie zum Verstummen gezwungen werden: Das Orchester liegt in seinem Orchestergraben nun begraben! Am Schluss hört man nur die stumpfen Schläge der Spaten der drei Totengräber auf die Erde. Es folgt die Stille.
"Totengräber-Requiem. Mit deutschen Glocken und Hochburger Trauermarsch", für 3 Männerstimmen und Fernklavier. Requiem-Text.
Das Orchester ist unsichtbar, weil der Orchestergraben vollends mit Erde zugedeckt ist. Es ist Abend. Am Himmel leuchtet der Abendstern. Er sieht aber genauso aus wie die Grafik des Sternes des historischenThümmel: Der fünfspitziger Stern war sein Wahrzeichen, das neben seiner Unterschrift in vielen seiner Bilder einen festen Platz hatte. Die Totengräber singen ein leises Requiem am Rande
des Orchestergrabens. Es herrscht eine religiöse, andächtige Stimmung. Wie eine leise Carillon-Musik ertönt aus weiter Ferne der Klang eines Klaviers.
Ein Uhrwerk schlägt die Mitternacht. Versteckt in dieser Carillon-Musik erkennt man das deutsche Volkslied "Abendstille überall..." wieder. Dies ist hier aber jetzt ein 9-stimmiger Kanon und eine Art Sphärenmusik, mechanisch und "ohne Klage".
Ein kleiner Thümmel steht oben einsam und alleine auf seinem Stern am Himmel. Während das Uhrwerk die zwölf Schläge der Mitternacht schlägt, spricht er leise und zuversichtlich die Worte: "Wir werden uns wieder finden, auf dem C.D.F.-***Abendstern" vor sich hin. Sie sind die einzigen gesprochenen Worte im ganzen Werk (mit der Ausnahme des Theaterintendanten). Zu wem spricht Thümmel diese Worte? Zu seinem Alter Ego Sophianopulos vielleicht? Zu uns, dem Publikum?
Mit dem letzten Schlag des großen Uhrwerks fällt auch das letzte Lichtlein im Theater aus. Dunkel.
(*** Caspar David Friedrich)
Es folgt eine lange Pause.
(NB: Die nächsten Szenen-auf Originalzeichnungen von Thümmel basierend-erscheinen dem Zuhörer/Zuschauer wie Bilder in einer Laterna Magica. Wie in einer Traumsequenz sind sie-anscheinend-unlogisch aneinander gereiht und sie wirken wie plötzliche Meinungswechsel. Die Szenen lassen den Blick des Zuschauers wie in eine Seifenblase hineingucken. 3 Bilder davon sind nur instrumental d.h. ohne Singen und ohne Text. Sie ähneln eher Klanginstallationen).
"Traumvogelchromatik, Schlafkammermusik", für A-Klarinette, Streichquartett, Sound-Files, einen schlafenden Schauspieler und einen Hund.
Eine Originalzeichnung von Thümmel stellt die Vorlage dieses Bühnenbildes dar: Ein Zimmer mit zwei Fenstern, da draußen erkennt man 6 atmosphärische Phänomene:
Kurzwellen-Phantasiebilder, Regen, Hagel, Wellen, Windzüge-Phantasiebilder, weißes Geräusch-Phantasiebild. Diese Bilder-Geräusche laufen synchron mit den Sound-Files ab. Der Thümmel-Bariton schläft im Vordergrund auf einem einfachen Rost und wird sich die ganze Zeit nicht bewegen. Rechts hinten eine Hundehütte. Ein einsamer Hund bewegt sich trostlos im Raum. Vielleicht wird er bellen. Ein Klarinettist und ein Streichquartett spielen die Laute eines Traumvogels. Ab und zu hört man hinter der Bühne ein schnelles Zwitschern einer Pikkolo-Flöte, die die gleichen Vogellaute der A-Klarinette spielt, allerdings viermal so schnell. Inzeniert wird hier eine (Schlaf)kammermusik.
Die Dauer dieser "Installation" ist frei, sie ist loop-artig konzipiert.
Am Ende dieser Bild-Vision fällt das Licht der Laterna Magica aus. Es folgt nun:
"Schlafendes Papierfrauenobjekt auf Augenhöhe, ein Liebesakt als Lehrstück", für Koloratursopran, Schauspieler/Sänger des No-Theaters, Klavier, Akkordeon, Schlagzeug.
Thümmel betritt einen ihm unbekannten unterirdischen Raum und trifft u.a. ein seltsames Objekt: Eine mit Zeitungspapier gekleidete Frau, die ausserdem eine blonde Perücke und künstliche Wimpern trägt. Sie schaut wie eine Puppe aus, unbeweglich, unmenschlich. Man könnte feststellen, dass sie eine Mischung aus einer Barbie-Puppe und der Muttergottes von Czestochowa ist!
Sie singt auch mechanisch wie eine sprechende Puppe.
Er versucht zu begreifen wo er sich befindet und was überhaupt dieses Objekt bedeutet. Ist er in einem Ausstellungsraum und ist das Objekt Kunst? Oder ist es etwa ein Traum und die Papierfrau eine Vision seines Unterbewusstseins? Mit seiner Stimme versucht er permanent die optischen sowie akustischen Konturen des unbekannten Objektes (an)zufassen: Seine Stimme ähnelt der eines japanischen No-Thater-Sängers. Der Lernprozess braucht, wie jeder andere Prozess, Zeit um sich zu entfalten. Das Kennen-Lernen ist dann ein Lern-Prozess. Methodisch, Schicht für Schicht, analysiert der Mann dieser theatralischen Aktion die akustische Beschaffenheit des Unbekannten. Er hört zuerst dem klingenden Objekt zu. Dann wiederholt er das Gehörte dadurch, dass er mit seiner Stimme die akustischen Konturen dieser Musik zu imitieren versucht. Beim nächsten Schritt versucht er seine eigene Stimme in das Objekt hinein zu integrieren, indem er diesmal sogar mitsingt. Wie Mondphasen hört man zuerst die unvollständigen Schichten dieser Musik, bis sie sich phasenweise durch Wiederholungen miteinander überlappen und zum "Vollmond", d.h zum kompletten musikalischen Objekt, vervollkommnen. Die Teile des klingenden Objektes scheinen fast Strophen einer literarischen Form zu sein, als ob man beim Lesen eines Gedichtes nach jedem Vers ins Stocken geraten würde. Während dieses Lern-Prozesses manifestieren sich aber auch Zeichen der Müdigkeit: Immer wieder gähnt die Papierfrau-Puppe zwischendurch und beim Aufzählen der Teile des akustischen Objektes schläft schließlich auch Thümmel ein, bis er das letzte Gähnen der Puppe nachahmt. Das war die endgültige Phase seiner Identifizierung mit dieser Frau. Dunkel.
Vielleicht war dies eine Liebesszene, ja sogar ein unmögliches Liebesduett!
(Zur Beschreibung dieser Szene möchte ich ein Zitat aus dem Buch "Der zweite Tod der Oper" von Slavoj Zizek hinzufügen:
"In der ersten seiner Duineser Elegien stellt Rilke seine berühmte Behauptung auf: " Das Schöne ist nichts/als des Schrecklichen Anfang"-und im 2. Kapitel seines Seminars über die Ethik der Psychoanalyse weist Lacan in die gleiche Richtung. Für ihn ist die Existenz dessen, was Freud "das feindliche Objekt" nannte, des extimen (Gegensatz zu "intimen"), fremden Körpers-" des Dings aus dem inneren Raum", mitten im Herzen des Subjekts, der Schrei des Subjekts; das heißt, im Schrei löst sich der Schleier der Schönheit auf und steht das Subjekt dem Realen nicht gegenüber. Es ist Tristans emphatische Phantasie, daß es möglich ist, Frieden mit dem Ding zu schließen, sich selbst ganz darin zu versenken-darum muß Wagner diese Umkehrung des Schönen in das Schreckliche um jeden Preis verhindern. Wie Michel Poizat es kurz und bündig sagt,bedeutet der Schrei, daß die Frau nicht existiert, daß der Graal eine Leere ist, eine Stelle, an der man nur auf einen exkrementalen Gegenstand des Schreckens treffen kann. Am Ende der Oper braucht Isoldes kulminierende Stimme die orchestrale Ergänzung; dieses Supplement ist da, um die Leere des stillen Schreis auszufüllen, der die direkte Verkörperung des schreckenerregenden Realen gewesen wäre.")
Es folgt:
"Sogno 10 lùnedi: in una casa molte gente son entrato a casa", für Klavier, 3 Streicher und einen DJ-Perkussionisten.
Wieder eine Originalzeichnung von Thümmel als Vorlage zu dieser Szene: Man sieht von oben die Planimetrie eines Hauses ohne Dach mit neun Räumen. Manche Räume sind voll mit Leuten, manche sind fast leer. Der stumme Thümmel-Schauspieler bewegt sich zwischen diesen Räumen. Mal ist er in einem Zimmer nur mit einem einzigen Menschen zusammen. In manchen Räumen befindet er sich mit 2 oder 3 anderen Individuen. In einem Zimmer ist er plötzlich mit vielen Menschen zusammen (feiern sie da vielleicht eine Party?), dann abermals ganz alleine. Alle diese Menschen schauen genauso aus wie der Thümmel selbst: Weißgekleidet, genauso groß. Nur seinen schwarzen Hut tragen sie alle nicht.
Während der Musik dieser Szene hört man permanent das "Scratching" einer Schallplatte. Am Ende erklingt aus der Schalplatte eine krasse, "weltliche" Pop-Musik heraus, die dann brutal erwürgt wird! Alle sollten im Theater diese Pop-Melodie wieder erkennen! Die Resonanz des letzten Fortissimo-Klanges verlöscht, während das Licht auch in dieser Installation-Szene ausgeblendet wird. Es folgt:
"ANNO 1896. Sogno: avevo 1,2,3,4, cinque occhi", für Klavier, Violine, Viola und Cello.
Szenische Version mit Elektronik.
Eine bizarre Puppe mit fünf Augen schwebt in der Luft. Sie erscheint wie die Thümmels Originalzeichnung: "Sogno: avevo otto occhi" (Traum: ich hatte 8 Augen).
Unten sieht man die ruhigen Wellen eines nächtlichen Meeres beim Mondlicht und einen Leuchtturm.
In jedem Auge der Puppe sieht und hört man je ein Klavier, eine Geige, eine Bratsche und ein Cello. Sie spielen zusammen in immer neuen Kombinationen: Geige-Klavier; Bratsche-Klavier; Cello-Klavier; Geige-Cello-Klavier; Geige-Bratsche-Cello-Klavier. Die Streicher spielen stets mit einem Metall-Dämpfer und mit Verstärkung. Der Gesamtklang in dieser Szene summt wie Fliegen.
Die Augenlichter der Puppe werden ein-und ausgeblendet je nachdem welches Instrument im "Augen-Blick" spielt.
Kombinatorik der Augen-Blicke.
Die Puppe dreht sich langsam wie das Licht eines Leuchtturmes.
Die Länge dieser Szene ist variabel. Wiederholungen und stetige Änderung der Reihenfolge der "Augen-Blick-Segmente" sind möglich.
Die Zeitwahrnehmung ist hier aufgehoben. Kein Zeitverlauf wird hier mehr gespürt. Es bleibt Raummusik.
Auch nach dieser Szene wird dann das Licht ausgeblendet und das nächste Bild der Laterna Magica erscheint.
"27 Haidenburger Vogellaute", für Pikkolo-Flöte, echte zwitschernde Vögel, Zuspiel-CD mit Vogellauten, 3 unsichtbare Männerstimmen, Synthesizer und Heldentenor in Rente. Worte von J.W.v.Goethe und Nonsense-Worte von Fabio Nieder.
Thümmel als Pikkolo-Spieler erscheint, weißangezogen, in einem großen Vogelkäfig (Voliere) als Vogelmensch. Echte Live-Vögel fliegen und zwitschern da drinnen.
Eine andere akustische Schicht besteht aus aufgenommenen Vogelstimmen (Band).
Man erkennt die gleiche Musik, die man in der Szene "Traumvogelchromatik" wahrnahm, nur hier wird sie viermal so schnell gespielt.
Der "Piccolo-Thümmel-Vogel" kommuniziert durch seine kunsthaften Vogellaute mit den echten Vögeln im Käfig. Er bewegt sich flexibel wie ein Vogel. Seine ganze Gestalt erinnert in der Art ihrer Bewegungen an einen fremdartigen, ja unbekannten Tanz.
Ab und zu aus der Urtiefe der Erde hört man extrem leise Männerstimmen mit einem Synthesizer vermischt, die eine extrem langsame Musik singen. Der Boden im Parterre schwingt sogar wegen der urtiefen Frequenzen mit. Das Publikum spürt, dass auch unter seinen Füßen doch etwas lebt und singt.
Die Stimmen singen die Worte: "Die Vögelein schweigen im Walde". Sophianopulos erscheint plötzlich ausserhalb des Käfigs. Er protestiert und will Thümmel belehren, weil er, seiner Meinung nach, unkorrekt die Vogelstimmen nachahmt. Er singt dann ihm mit seiner üblichen unsicheren Heldentenorstimme die "korrekten" Vogellaute viermal so langsam vor, damit der Thümmel den richtigen Duktus lernen kann. Es ist aber alles umsonst! Thümmel will und kann nicht lernen: Er befindet sich als Vogelmensch zwar in Gefangenschaft, aber innerlich ist er frei! Gedemütigt verschwindet dann Sophianopulos wieder aus unseren Augen.
Die Länge dieser Installation ist beliebig.
Je nach der Länge dieser Installation können die Auftritte des Sophianopulos mehrmals wiederholt werden. Nichts von seinem Singen wird sich aber wiederholen: Die Vogellaute, die Sophianopulos durch sein Vorsingen dem Thümmel beizubringen versucht, sind immer anders und schöpfen aus der Partitur des "27 Haidenburger Vogellaute"-Repertoires.
(NB: Schlussformel dieser Szene in 4 Phasen: 1. Zuerst verschwindet Sophianopulos; 2. dann schweigen auch die tiefen Männerstimmen und am Ende: 3. schweigt auch der Piccolo-Thümmel-Vogel; 4. Das Licht wird ausgeblendet und man hört nur die Vogelstimmen der echten Live-Vögel im Käfig).
Lange Pause. Die Vogellaute (Tonband) klingen weiter und begleiten auch das Publikum, das den Saal verlässt.
"Caminata meravigliosa di Vito von Thümmel a Saturnio", für 6 Vokalsolisten und Elektronik. Worte von Claudio Magris und Fabio Nieder (in italienischer, deutscher, slowenischer, lateinischer und phonetischer Laut-Sprache).
(Der historische Viktor von Thümmel träumte in der Irrenanstalt in Triest, dass er von einem "Uomo Strano", einem riesigen Ausserirdischen mit Zangen, entführt wurde. Gemeinsam mit diesem ko(s)mischen Wesen hatte er in seinem Traum einen wunderbaren Spaziergang zum Saturn gemacht.
Er machte eine kleine Farbzeichnung daraus, in der man den Globus, Europa mit dem kleinen Triest, Afrika, Amerika sah...Oben links zeichnete er Saturn mit seinen Ringen, den er aber hier "Saturnio" nannte. Eine "Legenda" zu dieser Zeichnung zeigt "Saturnio" als "Mondo Grande" und Triest als "mondo piccolo".
Man erkennt in dieser Zeichnung den kleinen Thümmel zusammen mit dem "Uomo Strano". Sie fliegen zum Saturn und tanzen einen extraterrestren Tanz zusammen. Diese Zeichnung, wie übrigens alle seiner Zeichnungen aus der Irrenanstalt in Triest, wurde von ihm selbst beschriftet. Diese Worte waren dafür da, um dem historischen Sofianopulo, dem Triester Maler griechischer Nationalität und einzigen Freund und Adressaten dieser Zeichnungen, den Inhalt seiner Träume mitzuteilen.
Wie in der Originalzeichnung von Thümmel, so erscheint auch mein Bühnenbild):
Der "Uomo strano" aus Saturn fliegt nach Triest herab, holt den Thümmel ab und dann fliegen sie gemeinsam Richtung Saturn zurück. In der Schwerelosigkeit des Weltalls tanzen sie glücklich den Donauwalzer.
Die 6 unsichtbaren Stimmen singen die Worte, die man auf der Originalzeichnung lesen kann: "Un Uomo Strano mi ha preso e mi ha portato su Saturnio. Caminate meravigliose..." (Der komische Mensch hat mich abgeholt und zum Saturnio gebracht. Wunderbare Spaziergänge). Ab und zu werden die 6 Vokalsolisten sichtbar, mal erscheinen sie auch als miteinander streitende Sterne: " Ich bin groß!" ,singt ein Stern. "Ich bin großer!" ,wiederholt der andere. Die wiehernde Stimme des "Uomo Strano" wird bizarr elektronisch verändert.
Der wiederum elektronisch verzerrte Donauwalzer von J. Strauß klingt konstant im Hintergrund. Alle Sänger-Sterne tanzen jetzt glücklich! Der Flug zum Saturn ist zu Ende. Man sieht den Thümmel mit dem "Uomo Strano" nicht mehr. Eine kosmische Pendeluhr mit den Stimmen der Vokalsolisten tickt unaufhörlich: "Tick,tack,tick,tack...". Aus der Ferne sieht und hört man den Sophianopulos, der mit den von ihm selbst ins Italienische übersetzten Worten von Baudelaire seinem Freund Thümmel die Freiheit wünscht.
Aus der Hintergrundelektronik ist nur das Geräusch eines verstimmten Radios zu hören. Das Bühnenbild ist nun erblassen. Nach einigen Sekunden kommt überraschenderweise der Theaterintendant auf die Bühne und spricht zum Publikum. Er sagt: "Verehrte Damen und Herren! Unser Thümmel befindet sich nun auf Saturn. Man hört ihn nicht mehr, weil er sich von unserer Erde zu weit entfernt hat. Wir haben hier leider keinen Empfang mehr!
Es ist aber klar, dass er irgendwann wieder zurück muss...Tja....es dauert sicher nicht lange....vielleicht 30 oder 35 Minuten, nicht mehr. Dann ist er wieder da! Wenn Sie wollen, können Sie jetzt, sehr verehrte Damen und Herren, diesen Saal verlassen. Im Foyer können sie sich erfrischen! Wir werden klingeln, wenn wir den Thümmel auf seinem Rückflug zu unserer Erde wieder erblicken! Vielen Dank für Ihr Verständnis!".
Lange Pause.
Während der Pause trifft das Publikum im Foyer die 3 Totengräber wieder. Sie schauen noch besoffener aus als je! Sie trinken Bier, Wein und Schnaps und sprechen laut und ordinär miteinander! Sehr oft müssen sie auf die Toilette gehen!
"Lúomo strano mi ha riportato a trieste. pecola che no son nato morto",
elektronische Musik, eventuell Computer-Animation.
Diese Musik spielt quasi die Rolle eines Vorspiels zum darauffolgenden Teil des Stückes. Sie beschreibt musikalisch den Rückflug Thümmels aus Saturn begleitet vom "Uomo strano". Das makroformale Gerüst dieser Musik wird einem Beschleunigungsprozess unterworfen. Das permanente Accelerando entspricht dem sich-der-Erde-Nähern des Thümmel, der aus weiter galaktischen Ferne wieder zu uns kommt. Seine tatsächliche Landung wird auch hörbar, als der Thümmel, nachdem der "Uomo strano" ihn freigelassen hat, auf die Erde fällt. Der harte Schlag seines Arsches auf der Oberfläche der Erde wird zum bedrohenden Klopfen des Sophianopulos Semanterions! Weitere Schläge des Semanterions bilden die akustischen Stufen einer Himmelsleiter dar, die dem "Uomo strano" ermöglicht, wieder seine Heimat auf Saturn zu erreichen.
Nach diesem Vorspielt folgt:
"Der Bilderfresser", für konzertante Klavier, Akkordeon, Perkussion, Ensemble und Chor (oder 6 Vokalsolisten). Texte von Fabio Nieder und Paul Celan.
Dies ist wiederum eine Szene, die kein Vorbild in den Thümmels Originalzeichnungen hat: Sie ist meine originale Erfindung.
Die Bühne schaut wie ein Riesenaquarium aus, in dem man anfangs nur wenig Wasser sieht. Thümmel sitzt oben am Rande des Aquariums. Über ihm schweben wie Sterne am Himmel 18 Bilder. Sie zittern in der Luft. Diese Bilder waren die Bestandteile der Welt seiner Zeichnungen; jetzt aber befinden sie sich hier alle gleichzeitig wie Konstellationen am Himmel. Das Orchester im Orchestergraben, nachdem es von den Totengräbern begraben wurde, fängt wieder an zu spielen. Mehr und mehr scheinen die Instrumente desOrchesters wie aus einem bösen Traum zu erwachen. Dies stellt eine Art "Auferstehung" des Orchesters aus seinem Orchestergraben dar!
Nun fängt an die Benennung der 18 Bilder durch den Thümmel. Während man die Musik des ersten Bildes hört und das Bild des Meeres unruhig aufflackert, spricht er das erste ominöse Wort aus: "Das Meer!". Nach der Benennung, verschwindet das Bild des Meeres aus seiner Himmelsposition und der Mund des Thümmel verschluckt es im Nu! Synchron mit dem Auffressen des Bildes durch den Thümmel hört auch die entsprechende Musik auf. Es folgen dann andere Bilder: "Der Schuh", dann "Der Stern", "Der Weg", "Das Haus" usw. Es passiert immer dasselbe: Er spricht das Wort aus und verschluckt das jeweilige Bild und seine entsprechend akustische Gestalt! Das Bild Nummer 17 ist das letzte, das er benennen kann, und dies ist das Bild des Sophianopulos. Sophianopulos selbst erscheint jetzt in Fleisch und Blut mit seinem Semanterion oben rechts, weil er durch die Benennung seines Namens hervorgerufen wurde.
Das letzte Bild, das Bild Nummer 18, zeigt den Thümmel selbst. Er ist aber unfähig dieses Bild zu benennen und seinen eigenen Namen auszusprechen.
Während dieses ganzen Prozesses steigt der Pegel des Wassers im Aquarium permanent auf. Nach dem Sophianopulos-Bild ist das Mass voll...und der Magen des Thümmel auch! Er fällt wie ein Kartoffelsack ins Wasser! Aber nun...O Wunder!: Unter dem Wasser trifft er alle seine Bilder wieder! Hier schweben und zittern sie nicht mehr am Himmel, jetzt schwimmen sie! Nur oben am Himmel schwebt leicht zitternd immer noch das Thümmel-Bild. Es wartet darauf, genannt zu werden. Es erwartet einen Namen, den es nie zu hören bekommen wird.
Thümmel schwimmt jetzt frei und glücklich unter Wasser mit seinen Bildern. Im Orchestergraben herrscht das Chaos. Das ganze Orchester spielt die Musik der 18 Bilder in einer monströsen Überlappung. Sophianopulos beobachtet das ganze Geschehen ohne ein Wort zu sagen. Es wird langsam wieder dunkel im Aquarium und im Orchestergraben. Das Orchester wird allmählich zum Stillstand gebracht: Mehr und mehr hören die Orchestergruppen auf. Das letzte Instrument, das am Ende übrig bleibt, ist wiederum die Bassklarinette. Jene Bassklarinette, die in der "Bildersetzer-Szene" die Präsenz des Thümmel uns vorahnen lies. Dann schweigt auch dieses Instrument. Nie mehr wird das Orchester im Orchestergraben spielen.
"Thümmels Ich-Lieder", für Baritonstimme, Klavier, Akkordeon und Perkussion. Texte von Paul Celan, Claudio Magris und Fabio Nieder.
(Dies ist wieder eine originale Erfindung von mir, die keine Vorlage in den Thümmels Zeichnungen hat):
Die Szene ist dunkel. Nur oben schwebt immer noch das 18. unbenannte Bild des Thümmel.
Man sieht einen Sänger mit einem Pianisten im Rampenlicht und in der Nähe einen Akkordeonisten im Halbdunkel.
Thümmel erscheint nun als Kammersänger, todernst. Ein Pianist begleitet ihn. Fern schlägt der nekrophile Sophianopulos in der Dunkelheit sein Lieblingsinstrument der griechisch-orthodoxen Kirche an.
Das ist das erste Mal, dass Thümmel als echter Sänger erscheint...und es wird auch das letzte sein!
Dies ist der feierliche Abschied des Thümmel von seinem eigenen Ich. Im ersten Teil dieser Szene dominiert musikalisch der Kammersänger mit seinem Ego. Im zweiten Teil vertauschen sich die Rollen: Der Pianist wird zum wahren Protagonisten des musikalischen Geschehens und die Stimme des Sängers verhallt in der Resonanz des Klaviers: Das Wort wird zum Klang, die Stimme zur Resonanz.
Ende. Stockdunkel. Man hört Resonanzen der Gongs und des Akkordeons. Nur das Bild des Thümmel zittert im Zwielicht.
(NB: Eine weitere Version mit einer elektronisch realisierten Stimme des Baritons ist hier auch möglich. In diesem Fall ist der Bariton kein echter Kammersänger auf der Bühne, sondern eine Lautsprechersäule, die aber den typischen Thümmel-Hut "trägt". Der lebendige Pianist begleitet dann nur einen fiktiven Sänger!). Es folgt:
"Thümmels Vergissmein-Lied", für einen Marimba-Spieler, Akkordeon, 6 Vokalsolisten und Sound-Files. Text von Claudio Magris (auf Italienisch).
Das unbenannte Bild ("Bilderfresser-Bilder") des Thümmel am Himmel unten rechts fängt an mit dem Klang einer Bass-Klarinette zu erklingen. Jetzt erscheint unten links auch das Bild des "Toten Freundes" (das war das 16. Bild des "Bilderfresser"). Auch dieses Bild erklingt mit seinem dazugehörigen "Leitmotiv" der E-Gitarre. Oben rechts sieht man noch das Bild des Sterns und hört man seine Leitmotiv-Musik der Mandoline. Schliesslich blinkt auch das allererste Bild des "Bilderfresser", das Bild des Meeres, mit seinem charakteristischen Theremin-Klang auf. Die 4 Bilder bilden zusammen eine neue Konstellation am Himmel. Sie schauen aus wie die 4 Himmelsrichtungen oder wie ein Kreuz. Die Musik dieser Bild-Konstellationen wird elektronisch realisiert.
In der Mitte der Bühne wird der weißgekleidete Thümmel, jetzt als Marimbaphonist hinter seinem Marimbaphon, durch ein weißes Licht beleuchtet . Hinter dem Schlagzeuger steht der größere Thümmel-Schauspieler (Bariton). Er ist auch weiß angezogen. Die beiden stehen Rücken gegen Rücken. Im Hintergrund sieht man eine überdimensionierte Treppe mit 6 großen Stufen, die zum Meer führt. Die Wellen des Meeres wogen sacht im Mondlicht. Der Thümmel-Marimbaphonist fängt an zu spielen. Das Instrument scheint selbst stellenweise zu singen: Die 6 unsichtbaren Vokalsolisten singen gleichzeitig mit der Marimba die Worte des Thümmels Kinderliedes: "Si dimenticar perfino gli occhi tuoi..." so leise, dass man glaubt die Marimba selbst singen zu vernehmen. Das ist eine Musik der Illusion, eine Naturmusik, die Musik der Wellen. Nicht mehr die Gestalt des Thümmel erscheint hier, die Wellen des Meeres sind es, die die Worte dieses Kinderliedes anstimmen. Die beiden Thümmels sind jetzt einem Farbgewitter ausgesetzt. Zusammen mit den Sound-Files, die die selben der "Traumvogelchromatik" sind, steigt der Thümmel-Schauspieler stufenweise ins Meer hinab. Zuerst betritt er nur die ersten 3 Stufen.
Die Farbchromatik des Gewitters läuft synchron mit den Sound-Files.
Nach der erste Strophe des Kinderliedes bewegen sich still die 4 Bilder von ihren ursprünglichen Plätzen und sie vereinen sich paarweise miteinander: Zuerst treffen sich die Bilder des toten Freundes und des Sterns zusammen und sie bilden einen gemeinsamen Punkt. Dann vereinen sich auch die weiteren zwei Bilder miteinander und sie bilden einen zweiten Punkt: Das Bild des Thümmel überlappt sich mit dem Bild des Meeres. Zwei Punkte blinken jetzt am Himmel. Die Identität der Bilder kann man durch die Transparenz der Überlappung gut erkennen. Die zweite Strophe des Kinderliedes fängt nun an. Thümmel betritt die restlichen 3 Stufen ins Meer hinab bis er verschwindet. Das Wort "Te"(Dich, Dir) ist die letzte Silbe des Kinderliedes. Auch der Marimba-Spieler verschwindet jetzt synchron mit diesem Wort. Es herrscht Todesstille. Auch das Farbgewitter hat sich stillgelegt. Man sieht nur das nächtliche Meer und die 4 Bilder als zwei Punkte vereint. Langsam vereinen sich in der absoluten Stille der Nacht auch diese zwei Punkte miteinander, bis sie alle vier übereinander treffen. Sie sind jetzt ein einziger lichtender Punkt. Diese "Wiedervereinigung" ergibt sich in der absoluten Stille, d.h. dass dies eine zauberhafte Szene ohne Musik ist, klang- und geräuschlos.
Es folgt:
"6 Stufen zur Auflösung", für 6 Vokalsolisten, Chor, 3 Akkordeons, Schlagzeug. Text von Claudio Magris in italienischer Sprache. Das ist ein Gloria. Die Auflösung Thümmels auf dem Meeresgrund ist vollbracht. Das Jubeln der Welt. Die Reaktion der Zuschauer/Zuhörer auf das Gesehene/Gehörte.
Die 6 Vokalsolisten werden sichtbar und sie preisen durch ihr Singen den namenlosen Menschen, der sich im Meere aufgelöst hat. Sie singen, dass die Atome, die Punkte, die Tropfen keine Namen mehr haben: "Groß ist der Abschied keines von keinem...!".
Im Saal,im Publikum, saßen unbemerkt die ganze Zeit die Choristen, die jetzt aber aufstehen und langsam zur Bühne schreiten.
Die Choristen vereinen sich auf der Bühne mit den 6 Vokalsolisten und alle schauen jetzt während des Singens das Publikum an.
Am Ende dieses Lobgesangs hört man plötzlich aus der Ferne die Stimme des Thümmel protestieren: "Welch ein Überschwang! Alle in Erregung um nichts!...", schreit er. Was will er uns damit sagen? Vielleicht einfach nur, dass die Darstellung jetzt zu Ende ist und man sich nicht viel zu ernst nehmen sollte? Währenddessen singen die restlichen Stimme ein zartes Wiegenlied (Text von Fabio Nieder, Nonsense-Sprache), das immer leiser, tiefer und langsamer klingt.
Schliesslich hört man nur die tiefen Männerstimmen (die der 3 Totengräber! ). Das Gesungene geht immer mehr in die Wendung eines langsamen Walzers über. Die letzten drei Töne stimmen rhythmisch genau mit dem Auftakt des Donauwalzers von J.Strauß überein. Eine Grammophon-Stimme krächzender Klangqualität blendet die Musik von Strauß jetzt ein. Anfangs tönt der Donauwalzer nur extrem leise und fern, dann wird er immer lauter und lauter, bis der volle Klang den ganzen Theaterraum überströmt.
Mit dieser lauten Musik, die nicht mehr aufhören will, endet mein Musik-Theater-Werk, das sicher keine Oper sein möchte und dennoch in einem Opernhaus spielen will... Klatschen, Verbeugen, Blumen oder Buhrufe, alles ereignet sich in der lauten Musik eines verrückten Neujahrskonzerts. Der Maler Viktor von Thümmel starb in der Irrenanstalt in Triest am 1. Januar des Jahres 1949.
Text über meine Komposition "das ewig liecht", canon cancrizans per augmentationem in contrario motu (aus J .S. Bachs Kunst der Fuge)-Hommage an J. S. B.u. A. v. W. nach Worten von Martin Luther
(Besetzung: Sopran, Alt, Tenor, Bass ( oder vierstimmiger Chor) und Orchester (Kleine Flöte, Flöte, Klarinette in b, Bass-Klarinette in b, kleine Trompete in f, Posaune, 2 od. 3 Schlagzeugspieler, Harmonium/Cembalo: Ein Spieler (oder: Sampler mit Harmonium/Cembalo-Klängen), Klavier, Harfe, Bratschen (oder nur 2 Bratschen), Kontrabässe (oder 1 Kontrabass).
Universal Edition, Wien, 2001)
Ich komponierte dieses Werk im Jahr 2001 auf Anfrage von Luciano Berio für sein Kunst-der-Fuge-Projekt. Dies war ein EU-Projekt, das in Spoleto seine Premiere und in London, Den Haag und Lyon seine Wiederaufnahmen hatte . Mehrere Komponisten waren bei der Transkription bzw. Bearbeitung der Fugen von Bach für Instrumente und Stimmen beteiligt, u.a.: Luis Andriessen, Luis de Pablo, Gilberto Bosco, Aldo Clementi (posthum) etc. Auch Studenten der Musikhochschulen in Leipzig, Turin, London, Den Haag, Lyon bearbeiteten unter der Aufsicht ihrer Kompositionslehrer einige Bach-Fugen. Berio überlies uns bei dieser Bach-Bearbeitung die größte Freiheit.
Da ich der erste dieser Komponisten-Reihe war, den Berio für dieses Projekt fragte, verfügte ich über die freie Entscheidung in der Wahl der zu bearbeiteten Fuge. Nur die letzte unvollendete Fuge war Berio selbst zugeteilt. Meine Wahl fiel auf den einzigen zweistimmigen Kontrapunkt des Bachschen Werkes und zwar den Contrapunctus XIII, den sogenannten "Canon per Augmentationem in contrario motu".
Bei der Transkription für Orchester eines Werkes von J. S. Bach hätte ich die historisch bedeutende Bach-Bearbeitung von Anton von Webern des sechsstimmigen "Ricercar" aus dem "musikalischen Opfer" nicht vergessen können und wollen. Am Ende ist dann ein Stück entstanden, das obwohl auf Bach wie auch auf Webern Bezug nimmt, einen unabhängigen Charakter aufweist: Keine Transkription mehr, sondern ein originales Stück "nach Bach"
Ich entschied mich für eine drastische Zerteilung des Bachschen Kontrapunkts, die akustisch sogar wahrnehmbar hätte werden sollen: Eine echte Schere, verstärkt durch ein Mikrophon, wird in meiner Bearbeitung zu einem neuen Instrumenten des Orchesters: Dort wo die Schere zum hörbaren Einsatz gebracht wird, ändert sich plötzlich die Klanglandschaft und zwar vom instrumentalen zum vokalen Charakter. Die Stimmen singen Worte von Martin Luther. Eine Schere als Signal eines starken Wechsels in der Musik und der formalen Artikulation.
Ich schnitt den originalen Bach-Kontrapunkt in viele unterschiedlich langen Teile ein, auf dass die Proportionen der verschiedenen Teile dem Prinzip des goldenen Schnittes entsprachen. Jeder so entstandene Teil wurde dann zu einer Art Insel, wo das krebsartig bearbeitete Bach-Material mit dem originalen gleichzeitig erklang.
Dann verband ich diese "Inseln" miteinander nach dem Prinzip einer rigorosen Abwechslung zwischen Vokalem und Instrumentalem.
Wenn in den Instrumentalteilen das Bach-Material sehr gut wieder zu erkennen ist, ist sich der Zuhörer in den Vokalteilen der Anspielung auf die Aura der Webernschen Musik unüberhörbar bewusst, zumal die Tonhöhenorganisation in diesen Vokalteilen nicht mehr auf Bachs Musik sondern auf das berühmte B.A.C.H.-Motto und seine dodekaphonische Anwendung Rücksicht nimmt.
Die Referenzen auf historisch konnotierte stilistische Merkmale werden hier zur Sinngebung dieser Komposition, wobei die Wahl des Luther-Textes auch mit ins Spiel gebracht wird, da die Worte des großen Reformators für uns untrennbar mit dem Namen Bach verbunden sind.
Ein zwölftöniges Amen, das keine Vorlage im Bachschen Originalkontrapunkt findet, und zwei gestische Signale beschliessen die Komposition. Die vorletzte Geste ist rein akustisch und sie wird 4 intonierten Thai-Gongs überlassen, die nochmals das B-A.C.H.-Motto zum Klingen bringen. Die allerletzte Geste ist hier aber eine kurze, dennoch prägnante theatralische Aktion: Ein großes Buch (ist es die Bibel? Oder aber die Partitur der Kunst der Fuge?) wird von einem Orchestermusiker für eine Weile hochgehalten und schliesslich mit dem lauten Rauschen seiner Seiten zugeschlagen.
Mit dieser definitiven Geste wird das Leben dieser spukhaften Musik zum Stillstand gebracht.
Text über "Eine alpenländische Volksweise von Krieg und Tod" Windisches Soldatenlied aus Kärnten/Koroška. Ländler. Eine Konfrontation. Für 5 Stimmen und 5 Instrumente (2017)
Die alpenländische Volksweise, ein Soldatenlied im Tempo eines Ländlers, stellt das Herz meiner Komposition dar. Sie kommt aus Österreich, Kärnten (Koroška), dort wo die slowenische Minderheit lebt. Die Sprache ist windisch, ein slowenischer Dialekt.
Warum ein alpenländisches Volkslied? Warum ein Soldatenlied?
Wieviele Anhänger der gutbürgerlichen Neuen Musikszene würden die Nase rümpfen wenn nicht ihre offene Aversion gegen meine Wahl zeigen!
Das Alpenländische gilt heute als Kitsch. Warum? Und aber eine alte tibetische Weise oder ein synagogaler Gesang gilt als hochinteressant! Einfach ungerecht. So bleiben z.B. die slowenischen Minderheiten an den Karawanken und in Triest oder Görz samt ihrer Kunst von der konsumierenden Welt vergessen, weil sie einfach nicht exotisch und interessant genug sind.
Als die Bauern früher sangen produzierten sie eine Art „Arte povera“, echte arme Kunst. „Povera“, weil sie arm waren. Sie kannten das raffinierte harmonische Reichtum der E-Musikgeschichte nicht, weil sie keinen Zugang zu dieser Kunst hatten. Sie gehörten zu einer minderwertigen Schicht der Gesellschaft. So war es einfach, in der Zeit von Haydn wie auch in der von Alban Berg.
Arm ist ihre Volksmusik, die aber heute noch z.T. auf dem Land und im Gebirge gesungen wird. Was haben die Bauern damals gehabt? Eine Tonica und eine Dominante. Und eine Subdominante zu haben war dann ein großer Luxus! Drei Stufen, mehr war ihnen nicht gegönnt.
Da ich in einer u.a. slowenischen Stadt, Triest (zu Italienisch: Trieste und zu Slowenisch: Trst) geboren wurde, weiß ich sehr wohl, was Diskriminierung einer Nationalität, der slowenischen in diesem Fall, bedeutet. Dies ist das Schicksal vieler Minderheiten.
Wohl gemerkt: Auch musikalische Diskriminierung.
Seit eh und je interessierte ich mich für diese musikalische Armut der Einheimischen. Und fand, dass diese „Arte povera“ ein großes Potential für mich als Komponist bedeutete. Ein großer Teil meiner Kompositionen bezieht sich explizit auf die slowenische Folklore.
Eine tonale Volksmelodie in ihre ursprüngliche Naturobertonharmonik einzubetten, bedeutet zuerst ihr ihr menschliches Recht zurück zu geben.
Die Tonalität war bei den Bauern und Hirten früher schon anders, bevor die Herren der alpinen Blaskapellen ihre abnormale, nichttemperierte Harmonik gesäubert haben.
Meine Komposition beruht also auf einer Volksweise, die ausschliesslich Naturintervalle verwendet. So stark wirken dann die drei Hauptstufen bzw. Hauptfunktionen der altenTonalität, die T-D-S, und jeder sonst harmlose Harmoniewechsel ähnelt in der Naturharmonik einer Modulation, weil die zu dem neuen harmonischen Spektrum gehörigen Tonleitern, mit neuen Mikrotönen bereichert werden. Dies ist eine Verwandlung.
Eine andere Verwandlung in meiner Komposition ist mit der Gesangstechnik des Jodlers verbunden.
Die 3 männlichen Stimmen, vor allem der Tenor, aber auch gelegentlich der Bariton und der Bass, jodeln die Volksmelodie.
Das Hundert Jahre alte Soldatenlied wurde und wird heute noch von Männern gesungen. Klar, die Frauen zogen damals nicht in den Krieg und Soldatenlieder sind reine Männersache. Die Töne, die also in meiner Komposition von den Männern mit Kopfstimme intoniert werden, vertauschen sich mit denen der Frauenstimmen. Sopran und Alt imitieren des öfteren die männlichen Falsetttöne. Man erkennt in diesem Umfang das Geschlecht der Sänger nicht mehr so genau. Dies ist wiederum eine Verwandlung. Die sublimierte Funktion der Frauenstimmen ist hier eine Erweiterung und zugleich ein Hintergrund der Männerstimmen. Soviel über die erste Hälfte meiner Komposition. In ihrer zweiten Hälfte aber schweigt die alpenländische Volksweise und damit verschwindet auch die Naturharmonik. Die Männerstimmen dominieren die musikalische Szene nicht mehr, sie singen vorwiegend mit geschlossenem Mund und die tönende Landschaft steigt jetzt in die Höhe, gen Himmel der Frauenstimmen. Sie sind nun die Protagonisten und sie stimmen des öfteren klagevolle Wendungen an. Die „doloroso“-Stellen, die vorher den Männern kaum bekannt waren, sind hier eine wichtige Ausdrucksform ihrer Vokalität.
Soweit über diese Männer-Frauen-Konfrontation.
Die Funktion der 5 Blasinstrumente ist mehrdeutig: Einerseits setzen sie sich den Stimmen entgegen und zeigen ihnen und ihrer harmlosen Volksweise entsetzliche Grimassen, ja widerliche Fratzen! Das Instrument zeigt sich hier als brutales Machwerk gegen die menschliche Stimme. Eine gewalttätige, ja kriegerische Opposition. In dieser Dimension erscheinen die Instrumente als sie zum ersten Mal einsetzen. Dies ist auch eine Konfrontation. Trotzdem sind sie aber auch fähig ihre Funktion rapid zu ändern und freundliche Resonanz der Stimmen zu werden. Hier ist der illusionistischer Effekt vollkommen. Nochmals eine Verwandlung.
Noch andere Instrumente sind aber in meiner Komposition zu hören. Sie werden von den Sängern gespielt: Zwei japanische Klangschalen (RIN) und eine Militärtrommel.
Die RIN durchlaufen das ganze Werk. Hier sind machmal die Stimmen, die mit geschlossenen Mund Klänge produzieren, die eine künstliche Resonanz der Klangschale erzeugen.
Noch eine Verwandlung.
Und die Militärtrommel muss sich wirklich nicht vor einem Soldatenlied rechtfertigten, oder?
Ganz zu schweigen von einer theatralischen Aktion der drei Männer, die einen direkten Bezug auf eine spektakuläre Verwandlung auf der Bühne nehmen.
Und schliesslich: Warum ein Soldatenlied? Warum der Krieg und warum der Tod?
Die Antwort liegt bei uns sehr nahe, in unserer Welt.
Interview von Anselm Cybinski über meine Komposition "Dem Doppelgänger in Memoriam" (Das Wandern ist des Müllers Lust), nach H. Heine, W. Müller und F. Schubert
Für Baritonstimme und Kammerorchester
A.C.: Was verbindet Sie (auch als langjährigen Liedbegleiter) mit Schubert?
F.N.: Schubert IST der größte Liederkomponist der Geschichte nach Mozart und Beethoven und ein Bindeglied von diesen beiden Komponisten weiter zu Schumann. Viele seiner Lieder gehen weit über den Biedermeier hinaus. Die Heinelieder z. B. sind beeindruckend wegen der Kraft ihrer Visionen und harmonischen Realisationen. Natürlich habe ich als Liedbegleiter sehr viele Schubertlieder gespielt und das deutsche Lied allgemein, nicht nur Schubert, hat meinen Werdegang als Komponist geprägt. Während bei Schumann die Verschmelzung der Musik mit dem Text einmalig in der Musikgeschichte ist, ist dieses Verhältnis bei Schubert zwiespältig: manchmal zeigen seine Lieder beinahe eine Indifferenz bezüglich der vertonten Texte (es bleiben aber wunderschöne Kompositionen für Stimme und Klavier) und aber dann ist er fähig die größte Präzision, Emotion und Tiefe in der Abhandlung eines Textes zu leisten.
A.C.: Welche Assoziationen weckt das Thema „Wandern“ für Sie persönlich angesichts Ihres spezifischen (trans)kulturellen biographischen Hintergrunds?
F.N.: Das Konzept des Wanderns, des Wanderers, der Wanderlust ist eine Idee des Biedermeiers. Meine Gedanken gehen dabei an Ludwig Uhland, Eichendorff, Carl Spitzweg und natürlich an Schubert. Der Wanderer von Heine ist der zerrissene ewige Jude, der bei Wagner als fliegender Holländer, aber auch als Wotan eine dramatische Neuerscheinung erlebt. Der Wanderer von Nietzsche hat dann viele Künstler beeinflusst, Gustav Mahler z.B. Was in den Menschen von heute das Thema „Wandern“ fähig zu erwecken ist, ist sehr wahrscheinlich eine Art Plakatwerbung nach dem Motto: „Wanderparadies auf der Alm. Nordic Walking“! Das Biedermeier-Thema bleibt für uns ein schöner Traum (denken Sie an die entzückende Geschichte des „Aus dem Leben eines Taugenichts“).
Sie möchten wissen, ob ich selbst wegen meines multikulturellen biographischen Hintergrunds ein Wanderer sei? Ja, vielleicht. Aber die unterschiedlichen Kulturen, Sprachen und Nationalitäten leben in mir selbst zusammen. Ich wandere nur augenscheinlich vom Land zu Land, der Wanderer in mir ist dann vielleicht ein unbeweglicher.
A.C.: Wir sprachen zunächst ja von einer Bearbeitung einer ganzen Reihe von Liedern zum Thema. Nun sind es nur zwei Lieder geworden. Offenbar bilden sie eine Art Essenz. Wie verhalten diese sich zueinander?
F.N.: Ja, eine Essenz, dies ist das richtige Wort. Eine Lieder-Suite oder so hat mich im Laufe der Arbeit immer weniger interessiert. Diese von mir ausgewählten Schubertlieder haben sich herauskristallisiert als eine Art Alpha und Omega meiner musikalischen Wanderung. Die am Anfang der Komposition von einem alten Plattenspieler gespielte Schallplatte, die krächzend das berühmte Wanderlied aus der schönen Müllerin von Schubert hören lässt, zeigt, dass die Zeit zwischen uns und Schubert unwiederbringlich vergangen ist. Ungefähr wie bei den Tonbandaufnahmen in Beckett´s „Krapp´s last Tape“. Der Plattenspieler mit seiner Schallplatte scheint keine Berührungspunkte zum Orchester mit der Baritonstimme haben zu können. Der Traum der Wanderlust bricht mit einem geräuschhaften Kratzen der Nadel zusammen und eine andere Kulisse erscheint hinter diesem illusorischen Vorhang: Die zeitlose Stille und Tiefe des Doppelgängers. Dies ist der größte Kontrast zum Wanderlied! Er kann von mir transformiert werden um eine andere Dimension leben zu können. Nach diesem tiefenpsychologischen Erlebnis darf das Wanderlied wiederkommen, diesmal aber nur als ein tiefdepressives „Lugubre“, wie der Teil in meiner Partitur heißt. Diese zwei Lieder mit ihren kontrastvollen Inhalt scheinen mir mein Vorhaben auf das Wesentlichste zu reduzieren. Nur ein einziges von mir bearbeitetes Lied DAZU, hätte meine Idee einfach zerstört.
A.C.: Sie haben davon berichtet, wie das Thema des Doppelgängers Sie geradezu überrollt hat mit seiner Fülle emotionaler Energien und assoziativer Bezüge. Konnten Sie im Vorhinein damit rechnen?
F.N.: Nein. Dass der Doppelgänger eine zentrale Rolle in dieser geplanten Suite gespielt hätte, war mir von Anfang an klar. Dass aber NUR dieses Lied in einer monströsen zeitlichen Ausdehnung die ganze Form der neuen Komposition in Anspruch genommen hätte, konnte ich ganz und gar nicht ahnen. Das ist das Abendteuerliche für mich beim Komponieren: Ich werde komponiert. Mein Wille hat nichts mehr zu sagen. Ich baue nur das Äusserliche und folge der Vision, die von selbst entsteht und lebt. Meine Aufgabe ist, dass sie dann weiter lebend bleibt.
A.C.: Welcher innerer Zusammenhang besteht eigentlich zwischen dem „Kreuzmotiv“ (g-fis-b-a) des späten Schubert und dem B-a-c-h, das sie ebenfalls zitieren?
F.N.: Dass das Kreuzmotiv bei Schubert eine frappante Ähnlichkeit zum B.A.C.H.-Motiv aufweist, hat mich dahin gebracht, das Kreuzmotiv zum B-A.C.H.-Motiv als Transformation dieses Motivs im engsten Raum zu komprimieren. Ich habe tatsächlich alle Kombinationen der möglichen Transformationen dieses Motivs ausprobiert und geschrieben, eine davon war das B.A.C.H.-Motiv. Die vier „Versuche“ durch das Würfelwerfen des Percussionisten werden zum gestischen und akustischen Anfang der Komposition und stellen die Suche nach dem richtigen Weg dar. Der „richtige“ Weg ist der vom Schubert-Anfang. Nur wenn ER gefunden wird, kann und darf man anfangen. Dies ist auch symbolisch zu verstehen, nämlich als Relativierung des Kunstwerkes sowie des Lebens selbst. Das Kreuz-Motiv sowie die chromatische BACH-Unterschrift sind eindeutig Affekte der Trauer und der Klage.
A.C.: Auf welche Herausforderungen hat sich der Sänger einzustellen?
F.N.: Der Sänger ist hier der Doppelgänger selbst, der auf der Bühne sichtbar und hörbar ist. Er steht in der Spalte zwischen zwei Orchestern. Die zwei Orchester spielen gleichzeitig das Originallied von Schubert und dessen 12 Transpositionen, die aufwärts nacheinander kanonisch erklingen. Der Bariton hat zwei Stimmen: Die Bruststimme ist immer mit dem ersten Orchester verbunden und der Gesangstil ist der eines Liedersängers. Seine zweite Stimme, die Kopfstimme folgt den Transpositionen, die chromatisch permanent steigen. Mit dieser Steigerung erhöht sich auch seine Kopfstimme, die unhörbare Höhen erreicht, die mit dem Ausdruck der Verzweiflung und Verzerrung verbunden sind. Dies ist seine dissoziative Gesangart. Gleichzeitig, und hier ist ein wichtiger Punkt, verkörpern diese zwei Arten des Singens die traditionelle und die nicht-traditionelle, wenn man will es leben in seinem Körper und in seiner Stimme die Vergangenheit und die Gegenwart. Dies ist die größte technische Herausforderung für den Sänger!
A.C.: Ist Schuberts Gefühlswelt heute eigentlich noch die unsere? Andersherum: braucht sie „Aktualisierungen“?
F.N.: Ich bin persönlich gegen Aktualisierungen. Entweder sprich uns ein Musikstück der Vergangenheit trotz der zeitlichen Distanz immer noch an oder nicht.
Wie man dann aber ein Lied von Schubert heutzutage realisieren kann, ist eine andere Sache. Ich meine, das bekannte Ritual eines Liederabends kann man auch ändern, wie es eines Klavierabends zum Beispiel. Dies betrifft aber die ganze sogenannte klassische Musik-Szene.
A.C.: Wie sieht sie überhaupt aus, die Zukunft des Genres Kunstlied?
F.N.: Ich habe selbst Lieder komponiert. Ein Beispiel sind meine „Lieder von der Liebe zur Erde“, die ich für die Stimme von Barbara Hannigan und zwei Orchester komponiert habe.
Sei es weil ich tausende von Liedern als Liedbegleiter gespielt habe und obwohl ich weiss, dass Das Genre Lied seinen Lebenslauf ausgeschöpft zu haben scheint, sei es weil ich hinter mir schon viele komponierte Lieder habe, spüre ich, dass es immer noch neue Wege offen stehen. Es geht im Grunde genommen um ein gesungenes Wort. Die Art wie es passiert sollte aber nicht selbstverständlich sein, sondern stets neuerfunden werden. Das Wie, weiß ich aber nicht. Ich habe davor gesagt, dass mein Wille nicht entscheidet: Er wird eher von unbekannten und unvorhersehbaren Visionen vereinnahmt: Mal sehen, wohin mich die Zukunft mitnehmen wird!
2014 wurden die Chöre aus meinem Musiktheaterwerk "Thümmel oder die Verlöschung des Wortes" beim WDR in Köln uraufgeführt: "Der Anfang. Die Mitte. Das Ende", für 3 Chöre, 6 Vokalsolisten, 3 Perkussionisten und 3 Akkordeons. Gesungene Texte von Claudio Magris, Fabio Nieder und dem liturgischen Kyrie. Ich schrieb damals den folgenden Text dazu:
2011 wurde meine Komposition "Der Bilderfresser" im Rahmen der Musik der Zeit als Kompositionsauftrag des WDR (Harry Vogt) in Köln uraufgeführt. "Der Bilderfresser", für Klavier, Akkordeon, Violinen, Schlagzeug, 18 Orchestergruppen und Chor ist eine Szene aus meinem Musiktheaterprojekt: "Thümmel oder die Verlöschung des Wortes".
Heute, 3 Jahre später, werden in diesem Konzert die Chöre aus dem "Thümmel" zur Uraufführung gebracht. Der Auftraggeber ist der selbe WDR in der Person von Harry Vogt, der dafür sorgt, dass eine gewisse Kontinuität in der Aufführungspraxis meines Werkes gewährleistet wird.
Viktor von Thümmel (auch Vito Timmel genannt) war ein in Wien geborener Triester Maler. Er studierte an der Kunstgewerbeschule ich Wien und hatte als Studienkamerad Egon Schiele. Die Folgen eines unkontrollierten Alkoholkonsums wurden bei ihm als schwere Geisteskrankheit diagnostiziert: So wurde damals, in den 40er Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, immer noch der Alkoholismus medizinisch betrachtet. Thümmel wurde in die Irrenanstalt in Triest interniert und starb dort 1949. Auch in dieser grausamen Isolation hörte er mit dem Malen nicht auf: Er malte und zeichnete dort ungefähr 4 Jahre lang wie besessen seine Träume (oder waren sie eher Halluzinationen?). 2011 schrieb ich für das Programmheft der Musik der Zeit über Thümmel: "Eigentlich hat er jedoch seine höchst raffinierte Malkunst beibehalten. Ständig kommen komplizierte Perspektiven von Labyrinthen, krummen Wegen, Kanälen, Grundrissen zum Vorschein. Die elementaren Bestandteile seiner psychischen Welt erscheinen immer wieder und oft unverändert in Hunderten von Zeichnungen, die in einem unkorrekten Triester Dialekt beschriftet sind. Er nannte sie "Träume"".
Seine Zeichnungen aus der Irrenanstalt wurden zu wichtigen Inspirationsquellen für die Szenen meines Werkes: Manchmal versuchte ich die Inhalte dieser Zeichnungen für Ohren und Augen auf die Bühne oder in den Zuschauerraum zu bringen, wie z.B. in der 2005 wieder im WDR in Köln konzertant uraufgeführten Szene: "Sogno 10 lùnedi…". Das kreativ-visionäre Potenzial dieser Zeichnungen führte aber auch zu frei von mir ausgedachten Szenen, wie z.B. der schon erwähnten Szene "Der Bilderfresser".
Nicht nur die überlieferten Zeichnungen Thümmels waren für meine Konzeption wichtig, auch ein mündlich überlieferter Satz, der Thümmel oft in seinem typischen Triester Dialekt zu sagen pflegte, wurde sogar zum Motto des Werkes. Dieser Satz könnte folgendermaßen auf Deutsch klingen: "Woaßt, ich hab´ne Sehnsucht: Wü die Worte vergessn von dieser Scheißwelt. Wenn i a noch die Namen vergessn hab´von der Mutter und von den Schwestern, dann bin i im…Paradies". "Locanda Paradiso" war aber auch der Name des Lokals in Triest wo Thümmel sich täglich betrank! Dieser schroff hingeworfene Satz war also auch ein wichtiger Auslöser dieses Musiktheaterwerkes.
Der griechischstämmige Maler, Schriftsteller und Übersetzter Caesar Sophianopulos (auch Cesare Sofianopulo genannt), war der einzige Mensch, der Thümmel in seiner Isolation besuchte. Er war Schüler des Malers Franz von Stuck in München und besaß eine trivial-mondäne Persönlichkeit. Ich sah sofort in dieser Gestalt das Alter Ego Thümmels, die dunkle Seite des Mondes sozusagen. Wenn Thümmel der Bilderfresser ist, spielt Sophianopulos die Rolle eines Bildersetzers (dies ist übrigens auch der Titel der großen Sophianopulos´ Szene). Thümmel "macht hier kein Theater", er ist es einfach! Seine agierenden Gesten und sein Stimmverhalten sind umspektakulär und alltäglich, wie: Spazieren, summen, Nummern zählen, lachen, gähnen oder Falsett-singen. Wenn er ausnahmsweise spricht, wie in der Szene "Papierfrauenobjekt", sind seine Worte kindlich und absolut nicht erhoben.
Sophianopulos dagegen stellt sich selbst pompös dar: Er will als Heldentenor, ein Siegfried am Ende seiner Karriere, richtig "Oper machen"! Er zeigt sich selbst als Dandy, Bajazzo, Mephistopheles, Mönch, Dichter, Knochenmann auf der Bühne. Dies ist aber wohlgemerkt, nur eine Inszenierung! Der Archetyp Faust-Mephistopheles kommt hier allmählich klar zum Vorschein: Thümmel ist ein wahrer Faust, der die ganze Welt umfassen will. Er hat aber seinen eigenen Namen vergessen, daher weiß er auch nicht genau, wer er in Wirklichkeit ist. Sein Alter Ego Sophianopulos dagegen präsentiert sich als Mephistopheles, dies ist aber nur der Schein einer peinlichen Maskerade: Er ist natürlich kein echter Mephistopheles!
Die drei Chöre mit den Titeln "Der Anfang". "Die Mitte". "Das Ende" stellen 3 wichtige Momente im Laufe des ganzen theatralischen Geschehens dar. "Der Anfang" heißt auch "Chor der Stühle im Zuschauerraum". Er wurde für 3 a cappella-Chöre (mit Stühlen-Spaten-und Tamtam-Geräuschen) geschrieben und übernimmt die Rolle eines Vorspiels: In der Dunkelheit des Zuschauerraums fangen die Stühle im ganzen Theater bzw. Opernhaus zuerst zu summen und danach zu singen an. Die Stühle stoßen gelegentlich auch den typischen (Ur)Schrei ihrer Stimmen aus, nämlich als Geräusch des zusammenprallenden Holzes!
Der Triester Germanist und Schriftsteller Claudio Magris schrieb für mich ein Libretto, das als Prosastück bzw. Opernlibretto mit dem Titel "Die Ausstellung" in der deutschen Übersetzung bei Hanser Verlag erschienen ist.
In diesem Vorspiel verwende ich seine Originalworte im Triester Dialekt, sowie in der deutschen Übersetzung.
Nach einem wortlosen und geheimnisvollen Summen aller Stimmen, fängt der in drei Gruppen geteilte Chor homophon in deutscher Sprache zu singen. Einer anfangs nur blockartig vorgetragenen Multiplikation der Mehrstimmigkeit von 2 bis 18 Stimmen, entspricht einerseits eine allmähliche Tempobeschleunigung, die sich über die ganze Dauer dieses Vorspieles erstreckt, und andererseits eine Emanzipation der Einzelstimmen, die einen ausgeprägten Buffocharakter besitzen. Die Solostimmen singen hier in einem vulgären Triester Dialekt! Ihr Singen ist im höchsten Maße unrein: Sie singen wie Besoffene, mit übertriebenem Ausdruck, Glissandi, sowie ungefährer Intonation. Der chaotisch ordinäre Charakter dieser undisziplinierten Einzelstimmen nimmt gefährlich zu: Am Anfang hört man nur die einzelne Stimme eines besoffenen Bassisten; durch den Multiplikationsprozess, der, wie schon gesagt sich über die ganze Komposition erstreckt, werden am Ende 18 Solostimmen von Besoffenen sein, die die Ordnung völlig zerstören! Das Schöne wird durch das Hässlich-Ordinäre ersetzt: Ein Chor der Betrunkenen in einer Kneipe singt hier mit seinem ungeschminkten Realismus!
Die makroformale dynamische Welle besteht aus einem stufenmäßigen Crescendo-Diminuendo-Bogen. Als die maximale 18-stimmige Dichte am Ende dieses Vorspiels erreicht wird, hat auch der Diminuendo-Prozess seinen PPP-minimalen Grad erreicht: Hier, wie beim ppp-summenden Anfang, singen die Stimmen nicht mehr, sondern sie gehen in ein undifferenziertes Kichern über, bis sie schliesslich ins Nichts verschwinden. Das homophone Gähnen aller Stimmen beendet das Thümmel-Vorspiel.
"Die Mitte" trägt den Titel "Ego sum Vita" und wurde für 6 Vokalsolisten, 3 Chöre und 3 Akkordeons komponiert.
Die heutige Aufführung dieser Szene ist natürlich konzertant: Die Zuhörer haben hier die Möglichkeit die rein musikalischen Merkmale dieser Musik zu goutieren. Ihre szenische Realisation dagegen bringt viele optische Elemente zum Vorschein, die starke, ja blasphemische Kontraste zur Musik darstellen. Was die Zuschauer zum Sehen bekommen, ist eine Kreuzigungsszene im Stil der Dürer-Renaissance, wo aber der Gekreuzigte kein geringerer ist als Sophianopulos ganz persönlich!
Die Blasphemie auf der Bühne steht im starken Kontrast zur Musik und dem gesungenen Kyrie-Text.
Die Vorlage dieser Szene ist in keiner der Thümmel-Zeichnungen zu finden. Ein großes Ölgemälde mit dem Titel "Ego zum Vita" von Cesare Sofianopulo und seine Entstehungsgeschichte waren hier meine Inspirationsquelle.
Der Triester Maler griechischer Nationalität erzählte, dass er sich in einem Fotoatelier in Triest nackt als Jesus Christus am Kreuz fotografieren lies und danach benutze er dieses Foto als Vorlage für ein großes Ölgemälde. Sofianopulo schrieb auch, dass er für den Hintergrund dieses Bildes kein Nürnberg malen wollte, wie es bei Dürer der Fall war, sondern das nächtliche Triest mit seiner griechisch-orthodoxen Kirche. Der megalomane Grieche schien keine Grenzen gekannt zu haben und seine Verkleidung als Gottes Sohn fand er gerade nicht als unangemessen…Was für ein Kitsch! Ja, aber genau dies war, was ich für die erste Tarnung meines Sophianopulos brauchte!
In dieser Gestalt also erscheint er zum ersten Mal in meinem Stück nachdem Thümmel einen Schuh verloren hat. Der allein gelassene Thümmels Schuh beginnt zu singen. Dieser Schuhverlust ist die Urasche für die Erscheinung, ja die Manifestation des Sophianopulos mit seiner ersten blasphemischen Maskerade!
"Das Ende" mit dem Titel "Sechs Stufen zur Auflösung" hat die folgende Besetzung: 6 Vokalsolisten, Chor, 3 Akkordeons und Schlagzeug. Text in italienischer und deutscher Sprache von Claudio Magris. Nonsens Worte von Fabio Nieder.
Nachdem Thümmel alle Worte und Namen dieser Welt vergessen hat, gibt er feierlich auch seinen eigenen Namen ab. Dies ich die Zeremonie des Namenlosen, des glücklichen Menschen, der sich auf dem Meeresgrund auflöst. Seine Auflösung folgt einem feierlichen Ritual, in dem er einem farblichen bzw. atmosphärischen Gewitter in 6 Stufen ausgesetzt ist: Sein Körper wird zum Opfer eines Bombardements aus Kurzwellengeräuschen, Regentropfen, Hagel, Meergeräusch, Wind und schliesslich weißem Geräusch. Danach herrscht Stille. Und Thümmel ist nicht mehr da.
Dieser letzte Chor ist die Reaktion der Welt auf sein alchemistisches Entschwinden. Diese Musik scheint beinahe als Variationsform konzipiert zu sein, wobei jede Variation oder Stufe einen besonderen Charakter aufweist, der in enger Verbindung mit den Phasen des metaphysischen Gewitters steht. Thümmel, der Namenlose, wird am Ende von der Menschheit glorifiziert. Nur, diese emphatische Apotheose passt nicht sehr gut zu seinem Wesen und man hört aus dem Jenseits noch einmal seine protestierende Stimme, die uns mahnt, sich nicht "um nichts" zu erregen!
Der immer düsterer und langsamer werdende Wienerwalzer, der zum Schluss von den tieferen Stimmen gesungen wird, geht in den nonverbalen Nonsens frei miteinander assoziierter Laute über: Die Worte verlieren allmählich ihre semantische Bedeutung und werden zum magischen Naturklang. Was darauf folgt ist ein Coup de theátre: Voilà!…Diese letzte Überraschung werden die Zuhörer selbst erleben. Die Philosophie, die dahinter steckt, scheint uns sagen zu wollen: Es lohnt sich nicht, sich selbst allzu ernst zu nehmen…und die Geschichte geht weiter!
Sechs Fragen von Guido Fischer an Fabio Nieder anlässlich einer Kölner Uraufführung (Vielleicht weiß es die Nachtigall, 2020)
G.F.:Wovon erzählt das jetzt vertonte Volkslied? Kann man seine Wurzeln genauer lokalisieren? Wann mag es entstanden sein? In welchem Dialekt ist es geschrieben? Und: Können Sie sich erinnern, wann Sie es zum ersten Mal gehört haben?
F.N.:Der ganze Text dieses slowakischen Volksliedes hat insgesamt fünf Strophen. Ich benutze für meine Komposition mit dem Titel „Vielleicht weiß es die Nachtigall” nur die erste, weil ich nicht ins Detail gehen, sondern auf einem allgemein existenziellen Terrain bleiben wollte. Die deutsche Übersetzung lautet: „Erzähl mir, kleine Nachtigall, du wunderschönes Geschöpf, was ist die größte Qual auf der Welt?”
Das Originallied wurde von F.Poloczek 1950 in Moravské Lieskové, Bezirk Nové Mesto nad Vahom in der Slowakei gesammelt und es von A. Štefanovičová im lokalen Dialekt gesungen. Ich habe dieses Lied nie gehört, weil es wohl 7 Jahre vor meiner Geburt aufgenommen wurde.
F. Poloczek berichtet, dass die meisten slowakischen Volkslieder, die er in den Fünfziger Jahren gesammelt hat, sehr alt waren und daran konnten sich nur die alten Leute erinnern. Die meisten Sänger waren allerdings Frauen.
G.F.:Jeder zeitgenössische Komponist kennt natürlich Volkslieder. Doch nur die meisten empfinden es wohl als zu banal, sich damit und damit auch seinen Wurzeln schöpferisch auseinanderzusetzen - bis auf u.a. Berio, dem Sie ja eng verbunden waren. Haben Sie mal über Ihre gemeinsame Leidenschaft "Volkslied" gesprochen? Und woher rührt überhaupt Ihre intensive, bis heute anhaltende Beschäftigung mit Volksliedern?
F.N.: Zuerst muss ich sagen, dass die Begriffe wie „Volkslied”, „Folklore”,„ethnisch” etc. an sich immer etwas Abwertendes haben. Wir vergessen aber oft, dass die sogenannte Volksmusik Jahrtausende lang die Musik der Mehrheit war! Während Haydn im Dienste des Fürsten Esterházy als Komponist für die Adeligen des Schlosses arbeitete, lebte die Mehrheit der Menschen in Dörfern auf dem Land. Sie waren hauptsächlich Bauern und Hirten, die Ihre eigene Musik hatten und sie hatten keinen Zugang zur Musik der „reichen Minderheit”. Die Musik, die als E-Musik unsere Musikgeschichte ausmacht, war aber immer Ausdruck einer kleinen Elite. In der Zeit der Bourgeoisie war es auch nicht anders. Was wussten die Menschen auf dem Land von den Soireen wo Chopin für die Damen und Herren des guten Pariser Salons seine Kompositionen spielte?
Kein Wunder, dass die „Musik des Volkes” von den kommunistischen Regierungen der Ostblockstaaten im zwanzigsten Jahrhundert unterstützt und gepflegt wurde!
Die armen Bauern und Hirten hatten zwangsläufig auch ihre arme Musik: es war eine Art „musica povera” und das im wahrsten Sinne des Wortes! Hauptsächlich war sie eine monodische Musik, ohne die luxuriösen Modulationen der Musik der Elite und hatte keine Harmonien. Auch der Luxus der Notation war diesen Menschen nicht zugeteilt: Sie wurde nicht notiert und es war auch nicht nötig, weil sie mündlich übertragen wurde. Erst mit Aufnahmegeräten anfangs des zwanzigsten Jahrhunderts konnte sie in eine Art Museum der Volkskunst aufgenommen werden. Gespielt wurde diese „andere” Musik mit selbstgebauten Instrumenten nach einer uralten Baukunst, die bis ins Mittelalter reicht. In der Zentralslowakei, zum Beispiel, werden bis heute immer noch wunderbare Obertoninstrumente wie Fujara, Koncovka, Trombita etc. gebaut und gespielt. Manche von diesen Instrumentenbauern und Musikern leben auf dem Hof wie früher mit ihren Ziegen und Schafen.
Die Sänger verfügten über eine Gesangstechnik, die auf ganz anderen Prinzipien basierte als die des Belcanto und sie wurde bis heute in manchen Ländern mündlich übertragen.
Und das wichtigste Merkmal der sogenannten Volksmusik, das sie von der E-Musik grundsätzlich unterscheidet, war und ist, dass sie keinen Autoren hatte. Sie ist ein Allgemeingut einer Kollektivität und nicht der Ausdruck eines einzelnen Menschen.
Nun, wo existiert noch diese wunderbare Hochkultur des Musizierens? In manchen hochindustrialisierten Ländern ist sie zum Aussterben bedroht, wenn sie nicht schon vollkommen verschwunden ist. In anderen relativ kleinen Ländern ist sie heute noch lebendig, weil das gemeinsame Musizieren eine Art Befestigung der nationalen Identität für die dort lebenden Menschen darstellt. Und, wohlgemerkt, die natürliche Heimat der Volksmusik ist nach wie vor auf dem Land.
Viele Komponisten interessierten sich für die Volksmusik. Ihre Namen sind sehr wohl bekannt: Janáček, Bartók, Kodály und später auch Ligeti und Berio (es ist auch kein Zufall, dass diese Komponisten sich auch stark für Linguistik interessierten). Aber heute?
Kaum ein/eine KomponistIn, der/die in Donaueschingen oder Witten seine/Ihre Werke aufführen lassen, zeigt Interesse für diese wunderbaren Menschen und ihre Musik. Wo liegt dieses Desinteresse? Ist da etwa eine Art Snobismus? So gesehen, ist die historische obenerwähnte Trennung zwischen Elite- und Volksmusik von einst, heute auch nicht anders.
Ich meinerseits als Komponist finde zuerst als eine menschliche Hauptaufgabe dieses Versäumnis nachzuholen. Ich will dieser Musik eine ebenbürtige Wichtigkeit beimessen wie die der notierten Musik. Ich will versuchen sozusagen die Schulden einer kolonialistischen Mentalität zu begleichen. Nicht nur aus humanitären Gründen, sondern vor allem, wegen der betörenden Schönheit ihres Ausdrucks! Im speziellen Fall der slowakischen Volksmusik, ist sehr oft die Form der Melodie, die Art ihrer Verzierungen in der Ausführung ihrer Interpreten, die magisch-naturhafte Aura der selbstgebauten Obertoninstrumente Ausdruck einer wunderbar und noch lebendigen Welt! Wie gesagt eine Welt, die zum Aussterben bedroht ist. Wäre da eine Art Revision unserer Musikgeschichte überhaupt möglich? Oder ist es zu spät? Lebt heute die Volksmusik in Europa in einer Art Reservat wie die Indianer in den USA, oder die Inuit, deren Throat-Singing ich in meiner Komposition „Love Songs on a white Surface” vor 27 Jahren verwendet habe, oder die Aborigines?
Ich bedaure sehr, dass ich mich nie darüber mit Luciano Berio unterhalten habe!
Mein eigenständiges Interesse und große Leidenschaft für die Bauernlieder reicht bis zu meiner frühen Jugend zurück, als ich auf dem Land am Hang zwischen der Stadt Triest und dem oberhalb der Stadt gelegenen Karst lebte. Die Vorstadt Triest und die Karstebene sind slowenischsprachlich. Da lebt seit dem sechsten Jahrhundert n.Ch. die sogenannte slowenische Minderheit. In den slowenischen Dörfern um Triest leben hauptsächlich Bauern und ihre Musik ist mir sehr vertraut. Dazu kommt meine enge Freundschaft mit dem Komponisten, Linguisten und Ethnomusikwissenschaftler slowenischer Nationalität aus Triest Pavle Merkù. In den Sechzigern und Siebzigern sammelte er tausende Volkslieder der slowenischen Minderheiten, die in Triest, Görz und Ostfriaul leben. Durch ihn kannte ich in den Siebzigern auch das rege musikalische Leben in benachbartem Ljubljana, damals Jugoslawien. Die nationalen Volksmusiken der jeweiligen jugoslawischen Länder wurden in der Zeit des Tito-Kommunismus sehr gepflegt und sie erweckten das Interesse der einheimischen Komponisten. Mit dem Verfall der kommunistischen Republik gingen auch die musikalischen Orientierungen der dortigen Komponisten auseinander.
Ich aber, nach wie vor im engen Kontakt mit der slowenischen Sprache und Kultur, habe nie das Interesse für diese Welt verloren, ganz im Gegenteil: Diese Inspirationsquelle nährt seit Jahrzehnten meine musikalische Produktion.
G.F.:Wie wichtig ist Ihnen überhaupt "Tradition"?
F.N.: Das Wort Tradition wurde aus dem Lateinischen entlehnt und bedeutet „Übergabe”.
Wir leben alle in einer Tradition, die identisch mit dem Zeitfluss ist, der uns weiter treibt, ob wir das wollen oder nicht. Was uns die Vergangenheit in unsere Gegenwart übergeben hat, ist ein Komplex aus Bräuchen, guten und schlechten Gewohnheiten, Konventionen, Manieren etc. Ein Beispiel für alle ist das Christentum, dessen Weltanschauung und Auffassung der Zeit unser Leben, unsere Denkweise, unsere Wissenschaft und unsere Kunst geprägt hat. Egal ob wir Christen, Atheisten, Buddhisten oder anderer Religion sind, wir sind von dieser beherrschenden Religion geprägt!
Das Problem ist, inwieweit wir uns dieser Tradition bzw. Traditionen bewusst sind. Die Traditionen leben auch in der neuen Musik Produktion weiter, mit all ihren Konventionen und Manieren. Dass wir immer noch an die Konvention des Konzertes glauben oder an die Konvention der Oper, mit den Opernsängern und ihrer gebildeten Art des Singens, das wundert mich immer aufs Neue: Sie haben wohl nichts mehr mit dem Geist und den Notwendigkeiten unserer Epoche zu tun! Der unbewusste Umgang mit dem überlieferten Komplex dieser Traditionen führt notwendigerweise zu einer Art Schlamperei, wie Gustav Mahler bekanntlich schon zu seiner Zeit zu sagen pflegte. Ich möchte noch dazu schreiben, dass der internationale Betrieb der sogenannten „Klassik”, im Grunde genommen ein weltweit monströser Kitsch darstellt!
Und die Welt der neuen Musik ist auch nicht frei von Moden und Ticks.
Dann sorgen aber auch Traditionen für die Identität einer Menschengruppe und das Gefühl der Zugehörigkeit kann auch sehr schön sein. Ich habe schon in meinem Leben die Wärme dieses Gefühls erlebt: In einem slowenischen Dorf, z.B., bei besonderen Feierlichkeiten, wenn traditionelle Lieder chorisch gesungen werden. Wenn diese Traditionen vergehen, was dann bleibt ist oft nur der Nachgeschmack einer Anonymität, die prompt von der großen Fresse des Konsums restlos verschluckt wird.
G.F.: Worauf müssen Sie besonders achten, wenn Sie sich - wie jetzt - mit einem Volkslied beschäftigen? Denn möglicherweise könnte das Volkslied ja etwas von seinen "Ur-Atem" einbüßen, wenn es nun in einen künstlichen, "kunstmusikalischen" Zusammenhang eingebettet wird (um den Grundcharakter des Volkslieds ja so gut wie möglich zu bewahren, soll daher ja wohl auch jetzt die Sängerin mit "ethnischer Stimme" singen...)
F.N.: Das ist wohl ein sehr wichtiger Punkt! Die kunstvollen Volksliedbearbeitungen von Bartók Béla, z.B., übertragen oft die Originalmelodien der Bauern auf eine Stimme mit Klavierbegleitung, aber die ursprüngliche Gesangstechnik geht völlig verloren. Wenn man die Möglichkeit hat, die Originalaufnahme eines Bauernvolkslieds zu hören und sie dann mit einer Bartók-Bearbeitung zu vergleichen, wird dann der Unterschied frappant: Das bearbeitete Lied wirkt fast gezähmt!
In meiner Komposition „Vielleicht weiß es die Nachtigall” benutzt die Singstimme u.a. die Gesangstechnik einer slowakischen Volkssängerin, um dann im Laufe des Stückes zurück zur herkömmlichen Stimme einer Sopranistin zu gelangen. Es ist wie eine Wanderung zwischen verschiedenen Arten des Singens und den Assoziationen, die sie mit sich bringt. Mit meiner neuen aktuellen Komposition, die nochmals auf die slowakische Folklore Bezug nimmt, gehe ich aber noch ein Stück weiter und schreibe NUR für eine echte slowakische Volksmusik-Sängerin, die nur diese Gesangstechnik kennt und praktiziert. Das ist jetzt für mich eine große Herausforderung: Zwei Welten treffen aufeinander! Auch in der Aufführungspraxis. Man muss auch Strategien herausfinden, um die Ausführung der Partitur zu ermöglichen.
Schon längst suche ich nach einer alternativen Art des Singens. Leider wird in unseren Hochschulen immer wieder die selbe Art unterrichtet. Mit nur wenigen Ausnahmen, wie z. B. der Obertongesang, den ich übrigens in dieses neue Werk auch einbauen will. Die Möglichkeit mit etwas Authentischem zu arbeiten: Dies übt auf mich eine große Faszination aus! Auch meine Erfahrung mit dem Atlas Ensemble in Amsterdam ging absolut in diese Richtung: Damals durfte ich mit Musikern aus Indien, China, Japan, Uzbekistan, Aserbaidschan, dem Iran und Irak, der Türkei zusammenarbeiten und für ihre Originalinstrumente komponieren.
Meine Musik wird aber immer etwas Anderes sein als ein echtes Volkslied. Sie ist eher ein Fantasieobjekt. Ein Akt der freiheitlichen Entscheidung. Etwas, das zwischen den musikalischen Traditionen bestimmter Völker und meiner persönlichen Intuition steht. In diesem Sinne ja, kann die Verbindung zur Tradition für mich sehr interessant sein.
G.F.:In Ihrem riesigen Werkkatalog finden sich immer wieder Rückbezüge zu anderen Komponisten, etwa zu Rameau und Schubert. Welche Rolle spielt aber Gustav Mahler für Sie? Sie haben zwar als Liedbegleiter Mahler aufgeführt. Aber mit seiner musikalischen Verschmelzung des Natur- mit dem Kunstlaut könnte er durchaus auch ein Verwandter im Geiste sein?
F.N.: Der Geist von Gustav Mahler begleitet mich seit meiner frühen Jugend.
Er ist ein Verwandter und ein Lebensgefährte. Sein „wie ein Naturlaut” begleitet auch immer meine Forschungen in Verbindung Natur und Musik. Auch seine weltlichen Signale, die in seinen Symphonien immer wieder Platz finden, kann man in meiner Musik finden. Er hat wichtige Sachen auf den Punkt gebracht, die mich immer wieder beschäftigen.
G.F.: Wie Mahler in seiner 7. Sinfonie Herdenglocken "in weiter Entfernung" einsetzt, so erklingen diese ja ähnlich, nun ganz leise ganz zum Schluß von "Vielleicht...". Könnte man es als die Beschwörung eines (paradiesischen) Idylls hören, das es so nie geben wird?
F.N.: Das kommt immer auf die Vorkenntnisse des Betrachters an.
Die Herdenglocken als naturhaftes Instrument, kommen in der zentralslowakischen Volksmusik immer wieder zum Klingen.
Die Schafs- und Ziegenglocken sind fast ein Symbol für die Hirtenmusik aus Podpol´ane , eine Musik, die auf der Obertonflöte Fujara gespielt wird.
Eine Person, die mit der Musik von Gustav Mahler vertraut ist, kann in diesen Glockenklängen eine klare Anspielung auf die poetische Welt seiner Symphonien hören. Ein Musikant aus Podpol´ane ohne Kenntnisse in der klassischen europäischen Musik, wird aber keinen Zweifel haben und er würde mit Sicherheit sagen: Dies ist ja ein Klang unserer idyllischen Heimat!
In diesem Sinne könnte man sagen, dass dieses Paradies wirklich existiert!